■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Der Gutsherr ist weg. Adieu!
Daß Hemelingen zu Bremen zählt – daran sind die Nazis schuld. Die haben das ehemals preußische Schmugglernest vor den Toren Bremens 1937 eingemeindet. Dabei blieb's dann. Aber seither hat sich viel getan: Mercedes kam und die Hemelinger Gewerbe-Marsch; die Georg-Bitter-Trasse kommt – nur die Hemelinger-Tunnel-Warterei ist noch nicht vorbei. Das hat Ortsamtsleiter Hans-Dieter Rissland schon vor Jahren geahnt – trotzdem ist der letzte Hemelinger Gutsherr, wie ihn Freund' und Feind' schon mal nennen, jetzt abgetreten.
Nach 24 Jahren hat Rissland diese Woche abgedankt. Nicht ganz freiwillig. Mit Blick auf Herz und Leber hatte der Arzt gedroht, was SPD-Genossen bislang geraten haben. „Junge hör auf. Es wird zuviel!“
Daß nur der Leibarzt dabei ganz uneigennützig war, muß der alte Jähzorn und Rabauke, in den Armen der SPD aufgewachsen und mit manchen Bremer SPD-Größen eng verbandelt, gewußt haben. Aber aufhören konnte er lange nicht. Als die Stunde des Abschieds dann plötzlich kam, Anfang April im Beirat – da konnten die anderen nicht. Keiner ist aufgestanden und hat gesagt: War zwar nicht alles Sonnenschein, trotzdem ...
Manchen tut's jetzt leid, daß sie nicht über den Schatten der letzten Jahre gesprungen sind, in denen Rissland so oft nach Gutdünken schaltete und waltete; wo's auf ein paar tausend Mark bisweilen nicht ankam und wo meinungsstarke Gegner schon mal von den Rednerlisten verschwanden. Aber jetzt noch anrufen und sagen, „He, Hans...“– wäre ja auch nicht einfach. Die Telefonnummer von Rissland bleibt weiter geheim. Wie manches, über das Hemelinger lieber das Mäntelchen des Schweigens. decken. Dabei haben sie den Mann geschätzt; wenn auch nicht gleich so, daß sie mit Blumen gekommen wären, um für den Ruhestand Glück zu wünschen. Aber schließlich hat der Stadtteil-Bürgermeister Jubilaren ja auch immer nur den Stellvertreter geschickt – und der wird weiter kommen, bis er selbst oder ein anderer offiziell an Risslands Stelle rückt. Der hat dafür schon mal gründlich Platz gemacht; nach Gutsherren-Manier kompromißlos und tatkräftig den Aktenschredder angeworfen und zwei Tage lang Spuren getilgt. Dann telefonisch Abschied vom Innensenator genommen und sich die Urkunde nach Hause bestellt.
Irgendwie konsequent. Aber jetzt ist es auch gut mit den Herren. Wird Zeit, daß eine Frau Chefin von Hemelingen wird, findet Ihre Rosi Roland
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