■ Warten auf Guildo
: Bewegender Aufbruch

Guildo auf einem Königstuhl, mitten auf dem Marktplatz von Trier, seinem Heimatort. Versammelt waren am Freitag etwa 10.000 Menschen, um ihn für seinen Weg nach Birmingham zu stärken. Dort soll er „uns den Grand Prix nach Deutschland“ zu holen. Und der „Meister“ empfahl sich als wahrer Monarch einer demokratischen Schlagerrepublik: Er schien echt gerührt zu sein, uns nah, ja fast sprachlos wegen der „Liebe, die die Menschen mir“ entgegenbringen. Jahrelang hat die ARD den Grand Prix mehr als verschämt im Programm versteckt. Der mittlerweile federführende NDR versucht es erfolgreich mit dem Gegenteil: Man feiert, was dem Publikum offenbar gefallen will. Der Grand Prix wird nächsten Sonnabend eine Quote erzielen, hofft man, die der von Fußballänderspielen kaum nachstehen wird.

Jetzt schon ist gewiß: 1998 ist das Jahr des Guildo Horn. Und das seiner Fans. Wohltuend, daß sie ihren Helden wirklich mögen, zugleich ihn und sich selbst aber nicht so wichtig nehmen, als daß aus ihrer Begeisterung ein nationalistischer Mißton herausgehört werden könnte. Abgestraft wurde so Karl Dall, über dessen Scherzlein („Auch die Türken mögen jetzt Nußecken – mit Dönergewürz und Kebabbrot“) man schwieg.

Hübsch die Idee, Schlageroldies wie Tony Marshall, Cindy & Bert, Joy Fleming, Jürgen Drews, Peter Rubin oder Michael Holm einzuladen, dem Meister Glück zu wünschen. Plötzlich sahen all diese Figuren, nicht mehr eingezwängt in das spießige Ambiente einer Dieter-Thomas-Heck-Sendung, wie richtige Popstars aus.

Am Schluß sangen sie alle gemeinsam eine deutsche Fassung von „Up where we belong“, was sehr lauschig und bewegend war. Dann erblickte Guildo Horn die Queen auf einem Balkon am Marktplatz und rief: „Mama!“ Das war die Krönung einer der genießbarsten Popshows, die im deutschen Fernsehen je zu sehen war.

Guildo Horn, für den heute um 14.30 Uhr der erste Probendurchgang beginnt, sagte schließlich bekümmert: „Ich weiß, daß nach dem Grand Prix die Kritiker über mich herfallen werden.“ Vergeudete Angst: Wer könnte, wer wollte so herzlos sein? Jan Feddersen