Berlins Innensenator will Demo-Rechte kappen

■ Trotz Mega-Polizeiaufgebot war Schönbohm nicht Herr der Lage. „Eingekesselte Demos“?

Berlin (taz) – Schon vor dem ersten Mai stand Deeskalation für Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) nicht auf der Tagesordnung. Für die traditionellen Demonstrationen linker und autonomer Gruppen an diesem Tag hieß das: schwere Auflagen für die angemeldeten Demonstrationen und eine „niedrige Eingreifschwelle“ bei der Polizei.

Nachdem die Hauptstadt die schwersten Krawalle seit Jahren gesehen hat und der Innensenator mit seinem Konzept gescheitert ist, kündigte er gestern nun an: Solche Demonstrationen würden verboten oder nur noch an abgesperrten Plätzen zugelassen. „Man muß überlegen, ob man den Aufzug nicht verbieten kann“, sagte Schönbohm, „ich prüfe, wie weit das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geht.“

An den rechtlichen Grundlagen von Demonstrationen, so Schönbohm, wolle er nichts ändern. Mit Verweis auf die Gerichtsentscheidung zu der NPD-Demonstration in Leipzig, bei der der Umzug verboten, aber eine Kundgebung erlaubt worden war, sagte Schönbohm, man wolle dieses Urteil auswerten und die Übertragbarkeit auf Berlin prüfen. Trotz der eminenten Bedeutung der Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit dürfe sich die Situation in Berlin nicht noch einmal wiederholen. „Es gibt doch kein Grundrecht auf Krawall und Zerstörung“, sagte der ehemalige Bundeswehrgeneral. Deshalb müsse man nun überlegen, ob die Grenze des Vertretbaren nicht längst überschritten sei. Er befürwortet daher eine Diskussion aller Parteien über seine Vorschläge.

Anhand von drei Punkten, so argumentiert der Innensenator, könne man die Demonstrationen einschränken: Erstens habe die Versammlung keinen politischen Zweck mehr, da sie ausschließlich auf Randale aus sei; zweitens hätten die Anmelder der 1.-Mai-Demonstration den Veranstaltungsverlauf nicht unter Kontrolle; drittens hätten diese sich nicht an die mit der Polizei getroffenen Absprachen gehalten.

„Der entscheidende Punkt für mich ist der Veranstalter der Demonstration“, sagte Schönbohm. Und mit diesem hätte sich eine Diskussion als zwecklos erwiesen: „Da habe ich wenig Hoffnung.“ Barbara Junge