Zechbau: Leichen statt Laich

■ Hollerland-Fleete sind vermutlich kilometerweit mit eisenhaltiger Brühe verseucht / Baufirma droht saftige Geldbuße

Einen „Umweltschaden erster Güte“ hat die Baufirma Zechbau im Hollergrund angerichtet. Zu diesem Fazit kam gestern Hans-Peter Weigel von der Umweltbehörde. Demnach hat Zechbau auf der Baustelle am Rande des Naturschutzgebietes Hollerland „illegal“ das Grundwasser abgesenkt und die ungeklärte Brühe in Fleete zum Hollerland eingeleitet. Jetzt hat die Umweltbehörde die Anzeige des Naturschützers Gerold Janssen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Zechbau muß mit einer saftigen Geldstrafe rechnen.

Wasserproben der Umweltbehörde haben ergeben, daß die Zechbau-Brühe mit 15 Milligramm Eisen und 450 Milligramm Chlorit pro Liter belastet war. Und das, obwohl das Einleiten in Naturschutzgebiete grundsätzlich verboten ist. Aber selbst bei ungeschützten Gebieten hätte Zechbau die erlaubten Grenzwerte bei Eisen um das Dreifache und bei Chlorit um 50 Milligramm überschritten, so Weigel.

Insgesamt schätzt die Umweltbehörde, daß 700 Kubikmeter Wasser abgeflossen sind. Die Baufirma hat inzwischen – auf Druck der Behörde und nicht, wie Zechbau selbst behauptet, „freiwillig“ – einen Kanalanschluß installiert. Und – kleine Pikanterie am Rande – gestern einen Antrag gestellt, um das Grundwasser absenken zu dürfen. Weitere Stellungnahmen waren von dem Unternehmen gestern nicht zu erhalten. Wie berichtet, hatte ein Mitarbeiter von Zechbau versucht, den Vorfall als harmlosen Unfall herunterzuspielen.

Der Gewässerökologe Michael Schirmer von der Uni Bremen geht nun von einem „erheblichen Schaden für das Hollerland aus“. Mehrere Kilometer Fleet können verseucht sein. Schirmer: „Pflanzen und Tiere ersticken unter dem Eisenbelag. Die Salzbelastung durch das Chlorit ist lebensbedrohlich. Das ist, als ob man einen Süßwasserfisch im Meer aussetzt.“

Aus diesem Grund fordert jetzt die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Wargalla, daß Zechbau für die Schäden aufkommen muß. Besonders erbost ist auch Naturschützer Janssen. Er hatte sich 1989 auf einen Kompromißvertrag eingelassen, nachdem das Naturschutzgebiet nach Nordosten hin um 20 Hektar auf 300 Hektar ausgeweitet worden war. Im Gegenzug erhielten mehrere Unternehmen die Erlaubnis, den Hollergrund am Rande des Naturschutzgebietes zu bebauen. „Daß jetzt ausgerechnet dort solche Umweltfrevel geschehen, ist eine Unverschämtheit“, so Janssen. Abgesehen von dem aktuellen Fall ermittelt die Bremer Staatsanwaltschaft bereits wegen zwei anderer Umweltvergehen in dem Gebiet.

Das Hollerland wurde 1984 wegen seiner einzigartigen Flora und Fauna zum Naturschutzgebiet erklärt. Insgesamt durchziehen das Gebiet 16 Kilometer Fleete, die Heimat vor allem für die Krebsschere sind, Pflanze des Jahres 1998. Auch vom Aussterben bedrohte Libellenarten finden sich dort, ebenso wie unzählige Wiesen- und Wattvögel. Und viele Amphibien, die jetzt in der giftigen Eisenbrühe laichen. Jens Tittmann