■ Warten auf Guildo
: Portugal exotisch

Jos Cid ist in Portugal ein einflußreicher Mann. Der 60jährige genießt Respekt, weil er sich als Komponist und Texter unter der Diktatur bis 1974 nicht den Machthabern andiente. Von ihm stammen Lieder für die Landarbeiter des Alentejo, später arbeitete er mit Musikern, die seit Mitte der 70er aus den Ex-Kolonien Mosambik, Angola und den Kapverden nach Europa kamen.

Cid hatte Erfolg – auch wenn seine Songs selten in Hitparaden notiert wurden. Seit fünf Jahren, erzählt er, wollten genau jene Musiker, die vor 20 Jahren noch auf Identität hielten, von ihm Kompositionen, die sich nach dem europäischen Markt richteten. Jedoch: Portugiesische Bands, Sängerinnen und Sänger haben es nicht über die spanische Grenze hinaus geschafft – bis auf die Gruppe Madradeus, deren Melodien in einem Wim-Wenders-Film gespielt wurden. Sie hält man in Deutschland für akzeptabel unpophaft. Dulce Pontes, Portugals Sängerin beim Grand Prix 1991, hat immerhin Fans in New York, wo Intellektuelle ihren Fado-Gesang schätzen.

Das diesjährige Lied Portugals „Se eu te pudesse abracar“ ist scheinbar unpolitisch. Komponist Cid hat dafür viel Kritik eingesteckt. Alles Mäkeleien, erwidert er, denn in seinem Lied gehe es um Freundschaft und mißachtete Einwanderer aus Afrika: „Ein humanes Miteinander zu fordern ist oft mehr wert, als scharfe Worte für Mißstände zu finden.“ In Birmingham wird das Lied die Gruppe Alma Lusa singen, in Portugal dagegen Komponist Cid selbst – ab Montag in einer Sitcom des Senders RTP. Ursprünglich sollte Madradeus auf Wunsch der Expo- Organisatoren beim Grand Prix auftreten. Sie hatten auch Lust – aber die Plattenfirma lehnte ab: Dann seien sie in Deutschland oder Frankreich chancenlos, hieß es. Dort werde Mainstream gehört, keine Exotika eines Polit-Komponisten.

Dana International hat ihr Stimmproblem gelöst. Ihren Part soll eine Chorsängerin übernehmen – es soll aber niemand merken. Und Guildo Horn war bei Johannes B. Kerner. Hat keiner richtig registriert in Birmingham. Ratlosigkeit im deutschen Troß. Jan Feddersen