Kommentar
: Wer bezahlt?

■ Daimler und Chrysler fusionieren - die Gewerkschaften haben ein Problem

Die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler zu einem Unternehmen ging schnell und reibungslos über die Bühne: ohne langwierige Verhandlungen und ohne öffentliches Feilschen. Kein Wunder, daß es aus den Reihen von CDU und SPD sogleich anerkennend hieß, daß die Übernahmeverhandlungen die Stärke der deutschen Autoindustrie zeigen würden. Abgesehen davon, daß die Stärke der Industrie nicht im derzeitigen weltweiten Verkaufsboom deutlich wird, sondern dann, wenn in den wiederkehrenden verkaufsschwachen Jahren die Fabriken nicht mehr ausgelastet sind – vor allzu schnellem Jubel sollte nachgedacht werden. Auf dem Papier wirkt es natürlich fabelhaft – die künftige Daimler-Chrysler AG wird in einer Liga mit den Riesen General Motors, Ford und Toyota spielen. Ein wenig vom Glanz des künftigen Weltkonzerns fällt auch noch ins letzte schwäbische Häusle.

Doch wenn der Daimler-Chef Jürgen Schrempp von „Kostenvorteilen“ in Höhe von fünf Milliarden Mark pro Jahr spricht, dann sollten bei den Gewerkschaften die Alarmglocken läuten. Denn irgendwo wird dieses Geld ja eingespart. Vielleicht nicht bei den Montagebändern selbst – dort werden derzeit Sonderschichten gefahren, an Entlassungen in den Fabriken ist wohl die nächsten ein, zwei Jahre wirklich nicht zu denken. Doch wenn die Einkaufsabteilungen zusammengelegt werden, dann erhalten dort nicht nur einige Manager ihre Kündigungen. Da werden auch die Margen der Zulieferer gedrückt. Dort wird dann weiter rationalisiert.

Für die Gewerkschaften ist dies ein Dilemma: Sie sind zwar sowohl bei Daimler als auch bei Chrysler sehr stark organisiert. Bei Daimler sitzen sie sogar im Aufsichtsrat und können damit gegen die Fusion stimmen. Doch wie sollen sie neben Beschäftigungsgarantien in ihren Konzernen auch noch einen gewissen Schutz für die Arbeiter der Zulieferer aushandeln?

Das würde einen erstaunlichen Grad von Solidarität erfordern und paßt auch so gar nicht in das derzeitige wirtschaftspolitische Klima der Globalisierung. Die deutschen und US-Funktionäre der Gewerkschaften werden genug zu tun haben, ihre unterschiedlichen Taktiken aufeinander abzustimmen. Da können sie nicht auch noch darauf achten, daß beim Rennen um die weltweit höchste Profitrate nicht einige Zulieferer auf der Strecke bleiben.

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