In acht Jahren fit sein für den Euro

■ Die Polen blicken mißtrauisch dem Ende der D-Mark entgegen. Manche satteln um auf den Dollar als heimliche Reservewährung

Warschau (taz) – Schlagzeilen wie „Europa hat seine eigene Währung“ oder gar „Euro – die neue Weltwährung“ vermittelten letzte Woche in Polen das Gefühl, eine wichtige Entwicklung verpaßt zu haben. Bislang war dem Euro in den polnischen Medien nicht mehr als ein Schattendasein vergönnt. Ein paar karge Zeilen über dieses aus polnischer Perspektive höchst dubiose Projekt, das war es. Die heftigen Auseinandersetzungen in den EU-Mitgliedsländern über das Für und Wider einer gemeinsamen Währung wurden vom Beitrittskandidaten Polen kaum wahrgenommen. Der Startschuß in Brüssel hat die Polen nun aufgerüttelt.

Die Frage, was aus der D-Mark wird, ist nicht nur für polnische Börsenspekulanten und Großunternehmer interessant. Diese haben schon vor Monaten alle Zahlungen von D-Mark-Basis auf Dollar umgestellt. Doch auch die Kleinsparer haben unter den Matratzen und auf Devisenkonten mehrere hundert Millionen Mark liegen. Die konservative Tageszeitung Zycie (Leben) empfiehlt ihren Lesern, die bald wertlose D-Mark möglichst schnell in Dollar zu tauschen. Die beiden Hartwährungen spielen in Polen nach wie vor die Rolle wichtiger Zweitwährungen.

Zwar gibt es längst das Regierungsprogramm „Euro 2006 – Polen auf dem Weg in die Europäische Währungsunion“, Politikern und Bankern ist klar, daß auch die Polen genauso mit dem Euro bezahlen werden wie die Deutschen, Franzosen oder Italiener. Doch für die Kowalskis von nebenan stellt der Euro zunächst nur eine diffuse Bedrohung des sauer Ersparten dar. Sie argwöhnen immer öfter, daß die Deutschen ihre gute D-Mark nur deshalb auf den Müll werfen, weil sowieso nur noch Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose mit „richtigem Geld“ bezahlen. Die Reichen – und das sind für die Polen nach wie vor die meisten Deutschen – zahlen längst mit Plastikkarte.

Einen Teil der Beitrittsbedingungen erfüllt das Reformland Polen schon heute: Die Staatsverschuldung liegt unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das Haushaltsdefizit nur knapp über der erlaubten Marge von 3 Prozent. Ungünstiger sieht es bei den monetären Kriterien aus. Zwar konnte die Inflation von über 600 Prozent zu Beginn der Reformen auf heute 13 Prozent gesenkt werden, doch großes Renommee gewinnen kann Polen damit immer noch nicht. Für 1998 ist eine Teuerungsrate von 9 Prozent angepeilt. Auch die Zinssätze für Lombard- und Diskontkredite liegen mit über 20 Prozent weit oberhalb der erlaubten Euro- Marge. Dennoch ist die Währungshüterin des Zloty, Hanna Gronkiewicz-Waltz, überzeugt, daß der Zloty in den nächsten acht Jahren zu einer vollwertigen Eurowährung heranwachsen wird.

Mit zunehmender Bedeutung des Euro als Weltwährung werde die Rolle des Dollar in Polen abnehmen, so Gronkiewicz-Waltz in einer Pressekonferenz. Bislang ist der Zloty an einen Währungskorb gekoppelt, der zu 45 Prozent aus US-Dollar besteht, zu 35 Prozent aus D-Mark und unter anderem zu 10 Prozent aus britischem Pfund. Gronkiewicz-Waltz ist auch klar, daß der Zloty in den nächsten Jahren zu einer beliebten Spekulationswährung werden und damit in nicht ungefährliche Turbulenzen geraten kann. Gabi Lesser