Keine Fragen über Basketball

Berlins Trainer Pesic ist sauer, weil keiner sich so recht für Albas 87:67 über Ulm im ersten Play-off-Finale interessiert  ■ Von Barbara Junge

Berlin (taz) – 20 Punkte Vorsprung, 55 Rebounds holten die Berliner, 27 nur die Ulmer, eine klasse Abwehr – das erste Play-off- Spiel im Finale um die deutsche Basketballmeisterschaft hat der amtierende Meister Alba Berlin am Samstag souverän 87:67 gegen den SSV Ulm gewonnen. Aber daran hatte trotz kleiner Formschwäche bei Alba kaum jemand gezweifelt. Und das stand auch nicht so recht im Mittelpunkt des Interesses.

„Das erste Mal in meiner Karriere als Trainer habe ich erlebt, daß an mich vor so einem Spiel keine Fragen über Basketball gerichtet wurden“, schimpfte Alba- Coach Svetislav Pesic nach dem Spiel. Ins Viertelfinale der Europaliga hatte Pesic sein Team in dieser Saison erstmals getrieben und zum sechsten Mal ins Finale um den deutschen Titel. Doch das Spiel fand vor gerade mal 5.224 ZuschauerInnen in der sonst dröhnenden Berliner Max-Schmeling- Halle statt. Trotz des letzten Spieltags der Fußball-Bundesliga und Sonnenschein ein überraschend geringes Engagement der sonst so treuen Alba-Fans.

„Es herrscht keine Play-off- Stimmung. Niemand spricht über Basketball“, ärgert sich – wenn auch etwas verhaltener – Manager Marco Baldi, „alle beschäftigen sich nur mit der Frage, ob Henning Harnisch nächste Saison noch bei Alba spielt.“

Harnisch ist nicht der einzige, dessen Zukunft beim Topteam des deutschen Basketballs mehr als ungewiß ist. Spielmacher Vassilij Karrasew hat ein Angebot von ZSKA Moskau, Center Chris Welp hat noch nicht bekundet, ob er noch eine Saison dranhängt. Auch andere schielen nach neuen Arbeitgebern, das hat Unruhe ins Team gebracht. Entsprechend hatte sich der Klub im Halbfinale gegen Trier präsentiert.

Am Samstag allerdings war – trotz greifbarer Saisonmüdigkeit – vom drohenden Auseinanderbrechen des Erfolgsteams wenig zu spüren. Zwar lief das Spiel nicht so klar zu Albas Gunsten, wie der hohe Sieg vermuten läßt. Die eine oder andere Lücke tat sich auf, und Ruhe suchte man im Spiel der Berliner oft vergeblich. Aber in Frage stand der Sieg freilich nie. Mit Teamkapitän Henrik Rödl, der nach sechs Wochen Verletzungspause wieder von Beginn an auf dem Platz stand, war die Starting Five mit Henning Harnisch, Chris Welp, Wendell Alexis und Vassilij Karrasew wieder komplett. Ebenso die Bank – das Erfolgsrezept von Coach Pesic.

„Mumm haben oder nicht Mumm haben“ – so lapidar beschrieb Ulms Trainer Peter Krüsmann den Unterschied zwischen Alba und seinen Männern. „Es hatte so ausgesehen, als ob wir Berlin kitzeln könnten“, zuckte er nach dem Spiel resigniert die Schultern. Tatsächlich sah es die ersten 20 Minuten gar nicht so schlecht aus. Jarvis Walker: 20 Punkte in der ersten Hälfte. Adrian Autry: 13 Punkte – die Halbzeitbilanz der Ulmer (48) ging fast auschließlich auf das Konto der beiden US-Stars. Ungeachtet der geschlossenen Defense der Berliner warf Walker von außen, von den Seiten – und Harnisch war nicht in der Lage ihn zu stoppen.

Ansonsten jedoch war von den Ulmern nichts zu sehen. Nationalcenter Tim Nees scheiterte an Chris Welp, die beiden Ex-Alba Spieler Ingo Freyer und Christian Ast spielten eigentlich keine Rolle. Und nachdem Rödl in der zweiten Hälfte an Walker klebte und der müde wurde, war das Ulmer Spiel am Ende. Walker machte noch zwei Punkte, Autry keinen.

Die Alba-Bank hat mal wieder gewonnen. Spielmacher Nummer zwei, die Nachwuchshoffnung Vladimir Bogojevic, übernahm in der zweiten Hälfte mehr und mehr das Kommando von Karrasew. Und Geert Hammink, zweiter Center hinter Welp, holte immerhin acht Rebounds (Welp: zehn). Vor allem aber Rödl war überall. Nach seiner Verletzungspause tobte er sich aus und erzielte ungewöhnliche 18 Punkte – als zweitbester Scorer hinter Wendell Alexis. „Eine gute Leistung von Henrik, aber auch zu hektisch“, befand Pesic doppelsinnig, „Henrik muß beim nächsten Spiel mehr Ruhe in die Mannschaft bringen.“ Das Verdikt gilt dem ganzen Team: „Die Spieler sind hungrig, wollen sofort gewinnen. Aber sie sind wie Hunde, die man beruhigen muß.“

Noch zwei von vier Spielen muß Alba gewinnen, um wieder Meister zu werden. Das nächste Spiel steht am Freitag in Ulm an, das übernächste zwei Tage danach in Berlin. Pesic warnt vor Leichtsinn, hofft jedoch insgeheim auf kommenden Sonntag: „Ich wünsche mir, zu Hause deutscher Meister zu werden, vor unserem Publikum, die haben das verdient.“