Wenn Buletten und Köfte genauso aussehen

■ Kann Ausländerhaß zum Lachen sein? Ja, aber nicht so („Die Metzger“, 20.15 Uhr, ZDF)

Ernst Lubitsch hat es gut. Er ist tot. Als er noch lebte, drehte er 1942 „Sein oder Nichtsein“, eine als Salonkomödie beginnende Satire über Schauspieler, Nazis, Männer und Frauen. Hitlers Verbrechen zum Lachen – was für ein Affront! Der anhaltende Erfolg gibt Lubitsch indes noch im Grabe recht. Der in Bagdad geborene Schweizer Regisseur Samir lebt und erfreut sich hoffentlich bester Gesundheit. Er ist, auch zu Lebzeiten, ein veritables Wagnis eingegangen, indem er eine Komödie über Ausländerhaß gedreht hat – nach der Premiere bei Arte läuft sie heute im ZDF.

Vorgestellt wird ein Metzger, der mit Frau und lieblich Töchterlein aus Angst vor „Verslummung“ (Verschluummung“ gesprochen) durch Ausländer in eine Stadtrandvilla flüchtet. Dort findet Ferdi Schmölling unerwartet eine kurdische Familie vor, zudem eine dieselbe beherbergende, aufgeklärte und ausländerfreundliche Blondine sowie einen Werbefachmann. Davon abgesehen, daß Vegetarier an Samirs „Metzgern“ rein visuell wenig Freude haben dürften, zielt das Unternehmen auf eine „Multikomödie“ ab, die vorgibt, mit Stereotypen zu spielen.

Mit Stereotypen hat der Regisseur nicht gegeizt, nur daß der Spielaspekt nicht so recht zutage treten will. Das liegt nicht am heiklen Thema, sondern am Regisseur. Hier reiht er die Lichterketten- Protestler auf und da den „Das Heidenröslein“ säuselnden Männerchor. Erst wird der deutsche Spießer gezeigt – dann des Ausgleichs wegen der kurdische Spießer. So wenig wie Ferdi Schmölling „Klein-Anatolier“ mag, kann Yilmaz Kaya deutsche Töchter leiden, die Motorrad fahren.

Das Eigene und das Fremde! Ein weites Feld. Man sieht Leopardenbettwäsche bei Metzgers, und der Deutsche an sich kennt ja auch Karl Mays „Durchs wilde Kurdistan“. Der junge Kurde blättert indessen still in Schmöllings Penthouse. Hat sich der Dschungel also längst eingeschlichen, rein innenarchitektonisch und printmäßig?

Ferdi ißt Buletten und Yilmaz Köfte – ihre Teller sehen völlig identisch aus. Dramaturgische Einfälle sind selten und die bildhaften ein bißchen schlicht – der ideologische Hintergrund ist es leider nicht. Der Regisseur packt in seinen gutgemeinten Film, was an Schlagworten zu haben ist: die Instrumentalisierung der Opfer; das Aus-der-Not-Profit-Schlagen durch „Investieren ins Humanitäre“; das Umschlagen von politischen Überzeugungen in ihr Gegenteil, weil der Eigennutz der Überzeugungsträger gefährdet ist.

Wenn „Die Metzger“ eines mal wieder deutlich macht, dann dies – daß der gute Wille allein nicht genügt. Anke Westphal