Kaum noch Zukunftsperspektiven

■ Vor der Werkseinfahrt von Delmod in Delmenhorst hungern sieben Näherinnen aus Geseke für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze

Weil Delmod seine Aufträge einstellt, sind sieben Näherinnen aus Geseke in den Hungerstreik getreten. Die taz sprach mit den Streikenden Margot Langner (46) und Eva-Maria Willer (42).

taz: „Hungerstreik für Arbeitsplätze“. Wie schwer fiel Euch persönlich diese Entscheidung? Langner: Für mich stand sofort fest, daß ich mitmache. Ich habe seit 29 Jahren bei Belmod gearbeitet und Kleidung für Delmod genäht oder gebügelt. Wenn jetzt Schluß sein soll, sehe ich kaum noch Zukunftsperspektiven.

Willer: Die meisten unserer Kolleginnen haben sich für diese Aktion entschlossen. Jeden weiteren Tag, an dem uns Delmod die kalte Schulter zeigt, rücken weitere Frauen aus Geseke nach. Deswegen habe ich keine Angst. Die anderen stehen hinter mir.

Welche Perspektive würde es für Euch nach einer Betriebsschließung geben?

Langner: Ich bin geschieden und habe ein Haus, das ich unterhalten muß. Wie soll das gehen? Nähen ist nicht mehr drin. Die meisten Betriebe in Südwestfalen haben dicht gemacht – und in Geseke liegt die Arbeitslosigkeit bei 12 Prozent. Was soll man da als Frau über 40 noch kriegen?

Willer: Ich habe mal Masseurin gelernt, aber im medizinischen Bereich werden heute nur Jobs abgebaut. Für mich ist das total belastend, weil ich mich außerdem noch um kranke Familienangehörige kümmern muß.

Delmod wirft Euch Geschäftsschädigung vor. Was sagt Ihr dazu?

Willer: Total erniedrigend. Die Verwaltungsleute haben gut reden. Die werden nicht entlassen.

Langner: Ich finde es schlimm, wie sich die Angestellten gegen uns aufhetzen lassen. Auch die Näherinnen von Lamod, die gleich hier um die Ecke für Delmod produzieren, trauen sich nicht, uns zu unterstützen. Deren Arbeitsplätze werden nämlich die nächsten sein.

Die IG Metall schätzt, daß Delmod in der Vergangenheit bereits über 1.000 Frauen die Arbeit genommen hat.

Langner: Bei den Nähereien in Berlin, Bielefeld oder Hameln hatten sie ein leichtes Spiel. Wir sind die ersten, die sich wehren und die Firmenstrategie durchkreuzen. Delmod versucht sich nämlich durch eine Geschäftstücke aus der Verantwortung zu stehlen. Unser Betrieb ist nur dem Schein nach selbständig. Grundstück, Gebäude und ein Teil der Maschinen gehören Delmod. Deswegen gibt es auch kaum Konkursmasse, um einen Sozialplan aufzulegen.

Welche Unterstützung habt Ihr hier vor Ort?

Willer: Der Delmenhorster DGB und die IG Metall leisten wichtige Hilfe. Viele Anwohner und Nachbarn haben uns Mut zugesprochen. Vor allem Frauen müßten für uns sein. Die sollten unsere Situation nachempfinden können. Fragen: Michael Hollmann