Entsorgungsstreit wird zwischengelagert

■ "Müllkrieg" zwischen Berlin und Brandenburg vorerst abgewendet: Berlin liefert weiter Müll und bezahlt damit für die Sanierung der Deponien. Ein Gutachten soll klären, was deren Sanierung kostet und

Ein möglicher „Müllkrieg“ zwischen Berlin und Brandenburg über die Sanierung der Brandenburger Abfalldeponien ist vorerst abgewendet worden. Gestern verständigten sich beide Länder auf einer Sitzung des Koordinierungsrates darauf, durch ein Gutachten klären zu lassen, wieviel Berliner Müll auf den Brandenburger Deponien entsorgt werden soll. Der Konflikt sei „vom Tisch“, erklärte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU); Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) sprach von „Bombenentschärfungen“ zwischen den Ländern.

Hintergrund des Streits war die Frage, wer die Sanierung der maroden Mülldeponien im Umland bezahlen sollte. Zwei der insgesamt fünf Kippen, die für etwa drei Milliarden Mark gefüllt und saniert werden sollen, gehören der „Märkischen Entsorgungsanlage- Betriebsgesellschaft“ (MEAB). 1993 hatte sich Berlin verpflichtet, für deren Sanierung aufzukommen, indem dort Berliner Müll für 170 Mark pro Tonne abgeliefert wird. Feste Liefermengen waren allerdings nicht vereinbart worden. Da das Müllaufkommen generell zurückgeht, wurde der Streit um die lukrative Entsorgung immer heftiger.

Im April kündigte die BSR das Ende der Lieferungen für Ende Mai an, weil dann eine Grenze von 100.000 Tonnen erreicht sei. Die MEAB forderte dagegen eine Weiterbelieferung mit dem Müll. Andernfalls plante die MEAB, an der die Länder Berlin und Brandenburg beteiligt sind, das Land Berlin auf direkte Zahlungen für die Sanierung der Müllkippen zu verklagen.

Mit der Forderung nach Belieferung hat sich die MEAB nun vorerst durchgesetzt. Bis zum Ende des Jahres soll die BSR insgesamt 330.000 Tonnen Müll nach Brandenburg verbringen. Gleichzeitig soll aber das Gutachten untersuchen, wieviel Müll überhaupt notwendig ist, um die Gruben abzudichten. „Das Gutachten soll klären, wie hoch der Sanierungsaufwand für die Kippen überhaupt ist und mit welcher Technik das gemacht werden kann“, erklärte Umweltsenator Peter Strieder (SPD). Möglicherweise sei durch eine Umschichtung des bisher angelieferten Mülls die Sanierung auch mit einem geringerem Volumen machbar.

Auf dem Ergebnis des gemeinsam bestellten Gutachters solle dann ein Liefervertrag abgeschlossen werden, in dem die Transportmengen bis 2005 festgeschrieben werden sollen. Auch für die Planung einer möglichen weiteren Müllverbrennungsanlage hat das nach Strieders Ansicht Auswirkungen: „Bis zum Jahr 2005 gibt es keinen Bedarf für eine neue Anlage, und danach wird die Entscheidung über die Art der Entsorgung mehr denn je zu einer Preisfrage.“

Auch die BSR ist mit dem Kompromiß erst einmal zufrieden, erklärte die Sprecherin des Unternehmens, Sabine Thümler: „Endlich haben wir eine verläßliche Zeitschiene, mit der wir planen können.“ Bernhard Pötter