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Ohne Informanten ist die Kripo aufgeschmissen

■ Umweltstraftaten steigen kontinuierlich. Statt auf illegal entsorgte Kühlschränke konzentriert sich die Umweltkripo auf Fälle wie den verseuchten Schießplatz „Rose Range“ in Wannsee

Ein anonymer Hinweis hatte die Umweltkripo auf die Spur gebracht: Auf dem Gelände einer großen Gebäudereinigungsfirma in Charlottenburg, die sich in der Werbung als besonders umweltfreundlich gibt, sei Sondermüll vergraben. Mit einem Bagger ging die Kripo der Sache vor einigen Wochen auf den Grund und wurde fündig. Sechs Fässer mit Lösungsmitteln, Klebstoffen und 20 Kanister mit Altöl waren auf dem Grundstück vergraben worden. Die Behauptung von Firmenbeteiligten, die Fässer seien bestimmt schon vor 20 bis 30 Jahre verbuddelt worden, konnten die Beamten leicht widerlegen: „Dummerweise lagen nämlich auch leere Bier- und Cola-Dosen mit Verfallsdatum und Olympia-2000-Werbung in der Grube“, erzählte der Referatsleiter der Umweltkripo, Klaus- Jörg Richter, auf der gestrigen Pressekonferenz. Nachdem die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Firma eingeleitet hat, ist der Berliner Geschäftsführer von der im Bundesgebiet ansässigen Firmenleitung entlassen worden.

Die Schilderung des Falls sollte verdeutlichen, wie sehr die Umweltkripo bei ihren Ermittlungen auf Informanten angewiesen ist. Auch wenn die Zahl der Delikte 1997 im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent gesunken ist, warnte Referatsleiter Richter vor voreiligen Schlüssen. Umweltkriminalität umfaßt nämlich auch Lebensmittel- und Arzneimitteldelikte sowie Artenschutz. Die eigentlichen Straftaten gegen die Umwelt, wie umweltgefährdende Abfallbeseitigung, Gewässerverunreinigung und unerlaubtes Betreiben von Anlagen, haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Die Steigerung für 1996 lag bei 22,5 Prozent und für 1997 bei 25,1 Prozent. Die Zunahme wird von der Kripo vor allem auf mehr geschriebene Polizeianzeigen wegen illegal abgestellter Autobatterien und Kühlschränke zurückgeführt, bei denen aber so gut wie nie ein Täter ermittelt werde. Das sei auch ein wesentlicher Grund dafür, daß die Aufklärungsquote in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen sei. „Wir konzentrieren uns auf die gravierenden Fälle, die der Normalbürger nicht sieht“, so Richter.

Neben dem Fall der Gebäudereinigungsfirma ist das Referat zur Zeit mit drei größeren Ermittlungsverfahren beschäftigt. In einem Fall geht es um illegale Entsorgung von Flüssigabfällen, die mit einer versteckten Observationskamera dokumentiert worden ist. Ein anderer Fall betrifft die Entsorgung von 1.600 Tonnen blei- und arsenverseuchtem Erdreich des früheren Wehrmachts- und späteren Schießplatzes der Alliierten in Wannsee, „Rose Range“. Es besteht der Verdacht, daß Berliner Baufirmen das ursprünglich als deponieunfähig deklarierte Erdreich mit normaler Erde vermischten und auf der Deponie Deetz in Brandenburg entsorgten. Damit seien rund 200 Mark pro Tonne gespart worden. Plutonia Plarre

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