„Es gilt für die DVU-Fraktion die Geschäftsordnung“

■ Alle gegen rechts – nur wie? Wie die Parlamente von Schleswig-Holstein und Bremen mit der DVU umgingen. Ausgrenzung macht die DVU zum Märtyrer und kommt ihr so noch zugute

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) strebte bekanntlich „verbindliche Absprachen“ mit PDS und CDU gegen die rechtsextremistische DVU an. Daß diese Absprache an Querelen im Vorfeld scheiterte, hatte für Höppner mindestens einen Vorteil: Er mußte seine konzertierte Aktion gegen rechts nie konkretisieren.

Eine kleine Rückfrage bei den Bremer und Schleswig-Holsteiner Landtagskollegen könnte da weiterhelfen. Schließlich haben bis Mitte der 90er Jahre in beiden Parlamenten DVU-Abgeordnete gesessen. Die gemeinsame Bilanz ist eher ernüchternd – für diejenigen, die der Idee anhängen, die DVU über Parlamentstricks, Ächtung und eine symbolische Allianz gegen rechts loswerden zu können.

Die demokratischen Fraktionen in Kiel setzten auf Ausgrenzung. Ganz nach dem Geschmack der damaligen SPD- Landtagspräsidentin Ute Erdsiek-Rave, die offenherzig bekundet hatte, angesichts der DVU sei sie in erster Linie Sozialdemokratin. Ganz wie viele Parlamentarier. Aufgeregt verließen sie manches Mal in Scharen den Plenarsaal, sobald eines der braunen Schmuddelkinder ans Mikro trat. Debatten über DVU-Anträge wurden mit Geschäftsordnungstricks regelmäßig auf den späten Nachmittag geschoben.

In der Bremer Bürgerschaft schlugen dagegen die Wellen hoch, als die CDU Berufsverbot für DVU-Mitglieder forderte und sich SPD, FDP und Grüne geschlossen dagegen aussprachen. Eine gemeinsame Linie gegen rechts gab es in Bremen nie. Absprachen seien ohnehin ein eher fragwürdiges Instrument, meint heute noch der Grünen-Abgeordnete Hermann Kuhn, mittlerweile Vizepräsident der Bürgerschaft: „Solche Ausgrenzungsstrategien gehen nach hinten los“, warnt er. „Jede undemokratische Reaktion kommt am Ende den undemokratischen Kräften zugute. Die DVU geriert sich doch ohnehin als verfolgtes Opfer. Ansonsten gilt die Geschäftsordnung.“

Kuhn warnt: „Soll keine Partei glauben, es gebe überhaupt keine inhaltlichen Überschneidungen mit der DVU! Ich sage nur: Kurdistan den Kurden.“ Allerdings haben sich nach ein, zwei Jahren Erfahrung mit der DVU auch die Bremer Parlamentarier darauf verständigt, nicht jede DVU-Idee zu einer Großdebatte auszuwalzen.

Je nach Themenlage wurde einer von den anderen Fraktionen zur Gegenrede ausgeguckt – und nach fünf Minuten war die Debatte auch schon beendet. Ohnehin lehrt die Erfahrung beider Landtage, daß der schlimmste Gegner der DVU die DVU selbst war. Die schamlose Selbstbedienungsmentalität der Abgeordneten und ihres großen Lenkers Frey, die Verweigerung jeglicher parlamentarischer Arbeit, dazu die wilden innerparteilichen Kleinkriege – das war es, was die DVU in beiden Ländern die Wählergunst und damit auch die Parlamentssitze kostete. Jochen Grabler