Spricht „bubi“ weiter schuldig?

■ buten und binnen spricht trotz Freispruch im Fall Stradivari von offenem Urteil

Als der Staatsanwalt am Freitag nachmittag im Bremer Schwurgerichtssaal für den Angeklagten Vasile D. drei Jahre Haft forderte, gab es für den buten-und binnen-Journalist Dirk Blumenthal kein Halten mehr. Er riß seinen Arm hoch und drehte sich zu dem Kripobeamten Axel P. um, der im Zuschauerraum saß. „Der hat richtig gestrahlt“, so die Beobachtung einer Sitznachbarin. Als Axel P. wenig später in der Verhandlungspause den Gerichtssaal verließ, klopfte Blumenthal dem Kripobeamten auf die Schulter. Zwei Stunden später wurde das Urteil verkündet: 13 Jahre Haft für Marim B. wegen Raub mit Todesfolge. Freispruch für Vasile D.

Das Gericht kam zu dem Schluß, daß es „keine ausreichenden Anhaltspunkte“ dafür gebe, daß Vasile D. den Täter dazu angestiftet habe, seine Geigenlehrerin zu überfallen, um ihr die wertvolle Stradivari zu rauben. Die buten und binnen-Sendung ging am Freitag abend jedoch nicht darauf ein. Statt dessen erweckte Blumenthal den Eindruck, daß man den Geigenschüler Vasile D. nach wie vor als möglichen Anstifter betrachten müsse. Blumen-thal hatte die Vorverurteilung des Geigenschülers schon vorher mit seinem Film „Der Fall Stradivari“ geschürt.

Der Prozeß sei zu Ende, das Urteil offen, textete Blumenthal am Freitag. Das Gericht habe den Fall nicht vollständig aufklären können. Der mögliche Täterkreis sei zu groß. Und zu diesem Täterkreis könne eben auch Vasile D. gehören. Vasile D. wurde aber nicht, wie dieser Satz suggeriert, wegen Mangels an Beweisen freigesprochen, sondern weil das Gericht nicht geglaubt hat, daß er Marim B. angestiftet hat. „Wir glauben Ihnen nicht in bezug auf Ihre Anschuldigung“, sagte die Vorsitzende Richterin ausdrücklich zu Marim B. Das Gericht hielt es für wahrscheinlicher, daß Vasile D. von dem Täterkreis „ausgehorcht“ worden sei.

Eine Zeugin hatte der Geliebten des jetzt verurteilten Marim B. „eine Führungsrolle“ unterstellt. Diese Geliebte war bei buten und binnen als Kronzeugin aufgebauscht und mit einem kommentierenden Satz angekündigt worden: Vasile D. und sein Anwalt hätten vor der Vernehmung dieser Zeugin gewußt, daß es ein schlimmer Prozeßtag für sie werden würde, hatte Blumenthal getext. Tatsächlich machte die Zeugin vor Gericht einen unglaubwürdigen Eindruck. Ihre Aussagen seien zum Teil „falsch“, urteilte das Gericht und ging sogar noch einen Schritt weiter. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß diese Zeugin Vasile D. „aus Eigeninteresse“ belastet hätte.

Blumenthals Befangenheit ist verständlich. Vasile D. hat ihn wegen Hausfriedensbruch angezeigt, weil Blumenthal ohne sein Einverständnis die Durchsuchung seiner Wohnung gefilmt hatte, während er in U-Haft saß. Die Durchsuchung wurde später für rechtswidrig erklärt. Kerstin Schneider