Sachsen-Anhalts PDS hält der SPD die Treue

■ Am Wochenende beschloß die sachsen-anhaltische PDS, Höppners Minderheitsregierung weiterhin zu tolerieren. Zurückhaltend stellte der Landesparteitag Forderungen an die SPD

Leipzig (taz) – Wer es gut meint mit Sachsen-Anhalts PDS, kann sie nach diesem Wochenende dafür loben, daß sie Verantwortungsbewußtsein bewies. Die Bösgesinnten jedoch werden der SED- Nachfolgepartei vorwerfen, sie habe nur Kreide gefressen. Auf jeden Fall hat die PDS begriffen, daß sie jetzt um alles in der Welt keinen Krach machen darf, will sie den Bonner Wechsel im Herbst nicht gefährden.

Auf ihrem Landesparteitag in Magdeburg beschloß die PDS am Sonnabend, die sachsen-anhaltische Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Reinhard Höppner weiter zu tolerieren. Mit großer Mehrheit billigten die 110 Delegierten einen entsprechenden Leitantrag des Vorstands. Man werde in den kommenden vier Jahren eine „gestaltende Opposition“ sein, heißt es in dem Papier. Die PDS-Landesvorsitzende Rosemarie Hein sagte, die Partei wolle einen „qualitativen Zuwachs an wirksamen politischen Veränderungen“. Schon im ersten Wahlgang soll die 25köpfige Landtagsfraktion für Höppner stimmen.

Bedingungen stellt die PDS dafür nicht. Zwar möchte die Partei zuvor vom Ministerpräsidenten empfangen werden und sein Programm erklärt bekommen, das Parteichefin Hein als „zu dünn“ bezeichnete. Doch PDS-Sprecher Thomas Drzisga mühte sich am Wochenende, Agentur- und Zeitungsmeldungen wieder einzufangen, in denen es geheißen hatte, die PDS mache die Tolerierung von Änderungen an Höppners Regierungsprogramm abhängig. Die Sozialisten formulieren alles sehr viel sanfter. Nicht einmal von Forderungen mag man sprechen. Heins Rede auf dem Parteitag war anzumerken, wie sich die PDS bei der Wortwahl gewunden hat: „Inhaltliche Erwartungshaltungen“ an eine SPD-Minderheitsregierung seien in dem Leitantrag formuliert.

Dessen Kernsatz lautet: „Die PDS erwartet von der Landesregierung eine klare Opposition zur Politik der Bonner Regierungskoalition.“ Danach werden sieben konkrete Punkte genannt. An erster Stelle steht eine andere Vergabe der Wirtschaftssubventionen; deren Höhe dürfe nicht mehr allein von der geplanten Investitionssumme abhängen, sondern müsse sich vor allem nach der Zahl der entstehenden Arbeitsplätze richten. Außerdem möchte die PDS mehr Geld für Arbeitsförderungsmaßnahmen und einen öffentlichen Beschäftigungssektor. Sie „erwartet“ von Höppner „stärkere Bemühungen“ für eine Ausbildungsplatzumlage und mehr Geld für Jugendclubs. Die kommunale Selbstverwaltung müsse gefördert, die „humanistische Aufklärung über rechtsradikale Argumentationsmuster“ unterstützt werden. Ausdrücklich gestärkt wissen will die PDS den Umweltschutz. Den Bündnisgrünen, die bei der Wahl an der Fünfprozenthürde scheiterten, wird die PDS gar durch das Angebot unter die Arme greifen, stellvertretend und unter Nennung ihres Namens Initiativen in den Landtag einzubringen.

Der Minderheitsregierung bietet die PDS an, „Grundübereinkünfte für die künftige Landespolitik“ zu schließen, „auf die sich beide Seiten verlassen können“, betont aber, dies werde „kein Stillhalteabkommen“. Einen Schmusekurs nennt Fraktionschefin Petra Sitte das Verhalten der PDS nicht, gibt aber zu, daß man die SPD „nicht in eine schlechte Lage manövrieren“ will. So ist von dem einst ultimativ geforderten Abtritt des verhaßten Wirtschaftsminister Klaus Schucht überhaupt nicht mehr die Rede. Jetzt heißt es, „wir werden uns mit ihm auseinanderzusetzen haben“. Auch bei einem weiteren Prestigeprojekt aus der vergangenen Legislaturperiode wird die PDS weich: In den 95er Haushaltsberatungen hatte man Personalkürzungen beim Verfassungsschutz durchgesetzt. Der Abbau – von 131 auf 80 Stellen – sollte ursprünglich bis Juli vollendet sein. Doch Innenminister Manfred Püchel kündigte vor dem Wochenende an, weitere Kürzungen unter den jetzigen Personalbestand von 101 wegen des Erstarkens der Rechtsextremisten nicht zuzulassen. Das fordert die CDU schon lange; mit ihren Stimmen könnte sie Püchel und der SPD zu einer Mehrheit verhelfen, würde dann aber beweisen, daß die Minderheitsregierung nicht nur von der PDS toleriert wird. Toralf Staud