LKA ermittelt wegen Interviews

■ Gegen den Polizisten, der sich in einem Radio-Interview zu Einsatzfehlern am 1. Mai äußerte, wird nun wegen übler Nachrede und Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt. Kritik aus SPD

Das Landeskriminalamt versucht gegenwärtig die Identität eines Polizeibeamten zu ermitteln, der sich in einem Radio-Interview gegenüber dem SFB-Stadtradio 88,8 zu Einsatzfehlern der Polizei am 1. Mai geäußert hatte. Wie der stellvertretende Polizeipräsident Dieter Schenk gestern vor dem Innenausschuß erklärte, ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der üblen Nachrede und des Verrats von Dienstgeheimnissen. Dem SFB hätten interne Einsatzprotokolle vorgelegen. Veranlaßt hat die Ermittlungen Polizeipräsident Hagen Saberschinsky.

Der Polizeibeamte soll in dem Interview den Vorwurf erhoben haben, daß ein Polizeiführer einem anderen Einsatzleiter aufgrund persönlicher Konkurrenz am 1. Mai die Unterstützung versagt habe, so Schenk. In dem SFB-Beitrag, dessen Abschrift der taz vorliegt, ist jedoch nur von einer Konkurrenz zwischen 1. und 2. Bereitschaftspolizei die Rede. Der SFB- Informant hatte erklärt, daß die 1. Bereitschaftspolizei bereits kurz nach 19Uhr um Verstärkung gebeten habe. Diese sei aber ausgeblieben. Das Polizeiprotokoll vermerke hingegen, daß erst um 20.04 Uhr Verstärkung angefordert wurde, die um 20.12 Uhr zugesagt worden sei. Zum Schutz des Beamten hatte der Radiosender dessen Stimme verzerrt. Nun versucht das LKA die Stimme des Polizisten zu identifizieren.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans-Georg Lorenz, kritisierte die Ermittlungen: „Wenn die Polizeiführung sich darauf konzentriert, Kritiker in den eigenen Reihen mundtot zu machen, anstatt Einsatzmängel zu untersuchen und abzustellen, geht die Polizeispitze einen ungesunden Weg.“

Wie die SFB-Pressestelle bestätigte, hat sich Polizeipräsident Saberschinsky in einem Schreiben an SFB-Intendant Horst Schättle über den Beitrag sowie einen Bericht zum Castor-Einsatz der Berliner Polizei in Ahaus beschwert. Dorothee Winden