Männer auf ihrem Marsch in den Garten

■ Die Melancholie bleibt immer: Der slowakische Regisseur Martin Sulik porträtiert in Alles, was ich mag einen Mitt-Dreißiger auf der Suche nach dem Glück

Alles beginnt mit der Sonne. Mehr als eine Minute erstreckt sie sich über das ganze Bild, bevor eine Figur auftaucht. Prustend reckt Thomas (Juraj Nvota) den Kopf aus dem See, über dem der Tag seinen Lauf nimmt. Das Immergleiche der Natur wird als Gegenwelt zu den Karrieren der Menschen gleich im ersten Bild von Alles, was ich mag etabliert.

Der slowakische Regisseur Martin Sulik porträtiert in seinem Film von 1992 einen Mann Mitte dreißig, der ohne großen Plan das Leben auf sich zukommen läßt. Er lebt getrennt von seiner Frau mit der Engländerin Ann, die ihn mit in ihre Heimat nehmen will, damit er dort eine Weltsprache lernen und endlich ein wenig vorankommen kann. Fast schon programmatisch steht diesem Weg in die Fremde die lange Rede eines Schriftstellers entgegen, der das Lob des Verbleibens singt. So bewegt sich Thomas in einem Setting aus Personen und slowakischer Landschaft, ohne daß er sich sehr verändert. Am Ende wird Ann ohne ihn fahren und sein Sohn Andrej nicht aufs Konservatorium gehen – Thomas aber sitzt wieder am Wasser und guckt auf den glühenden Ball der Sonne, der nun versinkt.

Alles, was ich mag wirkt wie eine Skizze zu Der Garten, den Sulik drei Jahre später drehte. Was dort eine Bewegung wird, ist hier noch Verharren. Beide Filme sind episodisch aufgebaut, doch entwickelt sich Jakob, der Müßiggänger aus Der Garten, aus der Unentschiedenheit seiner Stadtexistenz heraus. Er soll das Grundstück seines Großvaters verkaufen, findet in der Natur aber einen inneren Halt. Der Film suggeriert eine Aufgehobenheit im Rhythmus des Gartens, in dem auch Magie und Traum ihren Platz haben. Dieser Lebenssinn bleibt Thomas in Alles, was ich mag verwehrt. Sein Verhältnis zur Umwelt hat immer etwas Melancholisches, das aus dem Scheitern einer wirklich tiefen Verbindung mit ihr herrührt.

Sulik, der laut eigener Aussage „einen Film über die grundlegenden Dinge, die man als Mensch nicht missen möchte“ machen wollte, hat dabei stets ein feines Gespür für das, wenn auch knapp, verfehlte Glück. Mit Thomas' abwägendem Gesichtsausdruck, wenn wieder mal etwas schief läuft, hat er dafür ein Bild gefunden.

Jörg Metelmann ab Do, 21. Mai, 20.30 Uhr, 3001