Der Hühnchen-Krieg

■ Ostfriesland: Bauern wollen Brathähnchen züchten – Bürgerinitiative vor Ort befürchtet jetzt Luftverschmutzung der Kurorte durch die geplante Massentierhaltung

Ostfrieslands Bauern in den Kur- und Heilbädern an der Nordsee haben neben dem Tourismus eine neue Einnahmequelle entdeckt. Sie wollen Brathähnchen mästen. 24 Anträge für die Genehmigung zum Bau von Hähnchenmastställen warten derzeit bei der Bezirksregierung Weser-Ems auf ihre Genehmigung. Das wären rund 140.000 Tiere, die jährlich in Ostfriesland für den Grillrost gemästet würden – 35.000 Hähnchen pro Mastphase, eine Mastphase dauert drei Monate. „Unglaublich“, empört sich Hassan Overbeck, Sprecher einer Bürgerinitiative, die gegen die Hähnchenmast in Dornum kämpfen will. „Wir werben mit unserer guten Luft um Gäste, gleichzeitig verpesten wir die Luft durch Massentierhaltung.“

2.000 Unterschriften gegen die „Grill-Connection“

Allein beim Landkreis Aurich sind 15 Anträge für den Bau von Hähnchenmastställen eingegangen. „Bei Emden in der Krummhörn wollen zwölf Bauern Hähnchenmastbetriebe einführen. Drei Betriebe (alle drei Monate über 100.000 Hähnchen) sind in der Gemeinde Dornum beantragt“, bestätigt Gerrit Fuhrmann, Sprecher des Landkreises Aurich. Vor allem gegen die geplanten Ställe richtet sich in Dornum der Protest. In den Geschäften des Ortes liegen inzwischen Unterschriftenlisten gegen die „Grill-Connection“ aus. „Bis jetzt haben wir fast 2.000 Unterschriften gesammelt“, erzählt Overbeck.

Die Bauern hingegen verstehen die Aufregung nicht. „Ich verdiene mehr an meinem Weizen, wenn ich ihn an die Hähnchen verfüttere“, sagt Bauer Bernd Haseborg aus Dornum. Trotz der Subventionen von der Europäischen Union sei der Erlös eines Doppelzentners Weizen in den letzten acht Jahren um die Hälfte geschrumpft.

Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind über Haseborgs Aussage besonders verärgert, weil der Christdemokrat Oberbürgermeister der Gemeinde Dornum ist. „Dornum ist Kurgebiet“, sagt Overbeck lakonisch. „Zu uns kommen kranke Menschen und suchen Heilung gegen Asthma und Neurodermitis. Und der Bürgermeister hat nichts Besseres zu tun, als durch Massentierhaltung unser sauberes Image kaputtzumachen.“

Wer steckt hinter der „Grill-Connection“?

Pikanterie am Rande: Die Anträge für die Hähnchenmaststationen in Ostfriesland sind alle auf einmal mit einem gleichlautenden Anschreiben bei den Behörden eingereicht worden. Darüber hätte man sich auch beim Landkreis „gewundert“, verrät Behördensprecher Fuhrmann. „Wir haben aber zur Zeit keine konkreten Hinweise darauf, daß Großmastkonzerne aus dem Oldenburger Land oder aus den Niederlanden sich an der Nordseeküste einmieten wollen.“ Schon heute findet nämlich ein reger Gülle- und Festmist-Tourismus von Tierproduktionsstätten aus dem benachbarten Cloppenburg und Vechta an die ostfriesische Küste statt. Thomas Schuhmacher