Am Ende steht der Strafbefehl

Gerd Ellinghaus, der mit guten Beziehungen zur Politik im Boom nach dem Mauerfall das schnelle Geld mit Asyl-Containern und Bauprojekten machte, muß sich nun wegen Konkursverschleppung vor Gericht verantworten  ■ Von Gerd Nowakowski

Für das Landeseinwohneramt ist er „unbekannt verzogen“. Auch beim Landgericht geht man davon aus, daß der Angeklagte nur seinen Anwalt schicken wird. Gerd Ellinghaus zieht es vor, in seinem Domizil auf Mallorca zu bleiben. Vorbei die Zeiten, als der umtriebige Bauunternehmer Gerd Ellinghaus zu den stadtbekannten Persönlichkeiten gehörte, der auch den ehemaligen Regierenden Bürgermeister Walter Momper auf seiner Lohnliste hatte. Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht und Konkursverschleppung wirft die Staatsanwaltschaft Ellinghaus vor.

Die Karriere des Gerd Ellinghaus ist ein Märchen aus den Golgräberzeiten vor und nach dem Mauerfall, wo in Berlin alles möglich schien, wenn man nur frech genug auftrat und über genügend gute Verbindungen verfügte. Und über gute Verbindungen verfügte Ellinghaus durchaus. Schließlich hatte er auch schon einflußreiche Fürsprecher im damaligen CDU- Senat, als der Journalist und CDU- Mitglied Ellinghaus 1984 zum Chef der SFB-„Abendschau“ gemacht wurde. Der verschnarchten Sendung tat das gut; Ellinghaus machte die Sendung zur erfolgreichsten ARD-Regionalsendung.

Mit der Nase immer am Wind, witterte Ellinghaus bald die wirklichen Profitchancen im verfilzten Berlin und machte sich 1989 selbständig. Das schnelle Geld war damals mit Unterbringungen der speziellen Art zu verdienen. Zu horrenden Preisen brachte Ellinghaus für das Land Berlin in Bau-Containern Übersiedler aus Ost-Europa und der DDR unter.

Als die Mauer fiel, verlegte sich Ellinghaus auf das Grundstücks- Monopoly. Mit einem Geflecht von Firmen – Ellingshaus GmbH, Ell-Finanz, Ell-Bau oder Ell-Consult – kaufte Ellinghaus zahlreiche Altbauten und „entwickelte“ Neubau-Projekte. So stellte er Anfang 1990 die Planung für einen hundert Meter hohen Büroturm am Rande des Gleisdreiecks vor.

Das Projekt scheiterte. Zum Baulöwen der ersten Kategorie langte es nicht, dazu fehlte Ellinghaus das notwendige Kapital. Um den ehemaligen Regierenden Bürgermeister Walter Momper zu beeindrucken, reichte es aber offenbar. Sein Eintritt als Generalbevollmächtiger der Ellinghaus GmbH kostete Momper den SPD- Landesvorsitz und den guten Ruf. Über Mompers vollmundige Behauptung, er werde nur Projekte betreuen, bei denen seine politischen Verbindungen nicht benötigt werden, lachte die Branche jedenfalls herzlich.

Momper verließ das Unternehmen nach knapp einem Jahr, die Ellinghaus-Gruppe fischte dagegen weiter in trüben Wassern nach Goldfischen. Bestes Kapital waren dabei offenbar Insiderinformationen. Das intereressierte 1995 etwa den parlamentarischen Untersuchungsausschuß, als er die Machenschaften um den Ausbau des Flughafens Schönefeld untersuchte. Ellinghaus kaufte nämlich bereits 1990, lange bevor die Ausbaupläne öffentlich wurden, billig Grundstücke in Flughafennähe. Der Geschäftsführer der Landesentwicklungsgesellschaft Brandenburg wunderte sich 1995 vor dem Untersuchungsausschuß, über welche Detailkenntnis der Pläne die Aufkäufer offensichtlich verfügten.

Je mehr sich aber die Goldgräberstimmung in Berlin legte, um so mehr verließ Ellinghaus auch die Fortune. Etliche Projekte platzten, und auch der Flughafenausbau kam nicht voran. Auch Lobbyismus in eigener Sache beim Chef der Brandenburger Staatskanzlei – Türöffner: Walter Momper – brachte nichts. In der Not entschied sich Ellinghaus für den Verkauf des Flughafengeländes an eine Liechtensteiner Briefkastenfirma. Pech: das Unternehmen blieb den Kaufpreis schuldig.

Ende 1994 meldete Ellinghaus für drei seiner Unternehmen Konkurs an – viel zu spät, meint die Staatsanwaltschaft. Ellinghaus habe bereits seit 1992 bei der Ell- Bau „eine ordnungsgemäße Buchführung“ unterlassen. Ein Zeitpunkt also, zu dem Walter Momper gerade in die Ellinghaus- Gruppe eintrat.

Die Tatvorwürfe leugnet Ellinghaus nicht. Nur der Strafbefehl von 60.000 Mark ist ihm zu hoch. Eine Summe, die früher wohl ein besseres Taschengeld war.