Besorgnis über Rechtsextreme

■ Innensenator Schönbohm legte Verfassungsschutzbericht für 1997 vor. Zunahme bei rechtsextremen Straftaten, leichter Rückgang bei linksextremen Straftaten. DVU kaum aktiv

Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für 1997 hat Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) gestern Besorgnis über die Zunahme rechtsextremistischer Aktivitäten geäußert. Die von Rechtsextremisten verübten Körperverletzungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund seien von 27 (1996) auf 45 (1997) angestiegen. Dies sei „sehr ernst zu nehmen“. Auch wenn die Bedrohung durch den Rechtsextremismus derzeit in den Medien vorherrschendes Thema sei, dürfe nicht vergessen werden, daß von Linksextremisten etwa die doppelte Zahl von Gewalttaten verübt würden, so Schönbohm.

Während im vergangenen Jahr 552 rechtsextremistische Straftaten begangen wurden (1996: 515), wurden 1.149 linksextremistische Straftaten verzeichnet (1996: 1.256). Damit ist die Zahl linksextremistischer Straf- und Gewalttaten 1997 leicht zurückgegangen. Landfriedensbrüche haben abgenommen. Allerdings sei bei Brandanschlägen eine Zunahme von 23 auf 34 Delikte zu verzeichnen, so Schönbohm.

Von bundesweit 7.000 „militanten Linksextremisten“ leben mit 1.450 Personen nach wie vor die meisten in Berlin. Ihre Zahl sei konstant geblieben, die Fluktuation jedoch erheblich. Nach Ansicht des Innensenators gerät „die Abgrenzung autonomer und terroristischer Strukturen ins Schwimmen“. Als Beispiel nannte Verfassungsschutzchef Eduard Vermander den Brandanschlag auf einen Supermarkt in Prenzlauer Berg am 3. Oktober 1997. Schönbohm erklärte, das ehemalige RAF-Umfeld sei nach der Auflösung der Roten Armee Fraktion im antiimperialistischen Widerstand aufgegangen. Es sei „nicht auszuschließen“, daß der antiimperialistische Widerstand die Nachfolge der RAF antrete und ein eigenes Gewaltkonzept entwickle.

Die rechtsextremistische DVU tritt, wie Vermander erläuterte, kaum in Erscheinung. Bei ihren rund 540 Berliner Mitgliedern handle es sich vor allem um ältere, zahlende Mitglieder. Seit 1995 sei die Partei in Berlin nicht mehr öffentlichkeitswirksam in Erscheinung getreten.

Erstmals widmet der Verfasssungsschutzbericht auch der Sekte Scientology ein eigenes Kapitel. Die Organisation, der in Berlin etwa 300 Mitglieder angehören, wird seit dem vergangenen Sommer beobachtet. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse hätten die Notwendigkeit der Beobachtung bestätigt, heißt es lapidar in dem Bericht. Verfassungsschutzchef Vermander rechnet damit, daß die Innenministerkonferenz im November 1998 die Fortsetzung der Beobachtung beschließt. Dorothee Winden