Strahlende Teilchen durch die Lappen gegangen

■ Das Eisenbahnbundesamt will bei Wischtests an Castoren keine Teilchen entdeckt haben

Berlin (taz) – Auch drei Wochen nach Beginn des Strahlenskandals ist noch immer nicht klar, warum strahlende Teilchen Jahr für Jahr mit der Bahn aus deutschen AKWs nach La Hague oder Sellafield reisen konnten. Denn vor der Messung am Umladebahnhof Valogne, nahe der Wiederaufbereitungsanlage La Hague, wurden die Behälter zumindest einmal auf der Transportstrecke vom Eisenbahnbundesamt vermessen.

Fest steht inzwischen, daß in den Abklingbecken der Kraftwerke, in denen abgebrannte Brennstäbe im Wasser auskühlen, auch verschiedene strahlende Elemente schwimmen, die dort nicht hingehören. Neben radioaktivem Kobalt aus den Stahlwänden der Becken auch Uran und Plutonium. Diese könnten durch defekte Hüllrohre der Brennstäbe ausgetreten sein.

Unabhängig von strahlenden Partikeln ist das Kühlwasser in jedem Fall durch Neutronenstrahlung aus den Brennstäben kontaminiert. Damit es bei der Unterwasser-Verladung nicht an die Castoren kommt, wird diesen ein Kontaminationsschutzhemd verpaßt. Hundertprozentig ist der Schutz aber nicht. Deshalb werden die Castoren nach dem Beladen gereinigt und getrocknet.

Doch die Bauweise der Behälter verhindert offenbar eine vollständige Beseitigung von Wasserspuren. Versenkte Schraubenköpfe, Tragzapfen, Kühlrippen und die Ritzen der Castordeckel bieten genug Stellen an der Behälteroberfläche, an denen sich Tropfen kontaminierten Kühlwassers verstecken können. Und damit auch die fraglichen strahlenden Teilchen. Immer wieder entdeckte der französische WAA-Betreiber Cogema auf dem Umladebahnhof Valogne solche strahlenden Tropfen. Und zwar nicht nur unter den Castoren, wo die Inspekteure des Eisenbahnbundesamtes während des Transports nicht nachschauen konnten, sondern auch an frei zugänglichen Stellen. Die Frage ist also, wieso die Tropfen mit den strahlenden Teilchen den Wischlappen des Eisenbahnbundesamtes entgehen konnten. Diese Wischtests, die einmal auf der Strecke zwischen den AKWs und Valogne vorgenommen werden, decken zumindest nicht die gesamten Behälter ab – es sind nur Stichproben. Nach BMU-Angaben werden 30 Stellen von 30 mal 10 Zentimeter Fläche geprüft. Ein Castor hat aber rund 55 Quadratmeter Außenfläche, die Kühlrippen nicht miteingerechnet. Hier nur 30 Wischtests vorzunehmen, ist naiv oder ignorant. Niels Boeing