Kommentar
: Freund und Helfer

■ Polizisten dürfen einfach alles

Die Entscheidung der Disziplinarkammer, einen Polizisten trotz sexueller Nötigung einer Festgenommenen nicht aus dem Dienst zu entfernen, ist ein Skandal. Und kein Einzelfall. In Cloppenburg hat ein Polizist, der 1991 eine 17jährige vergewaltigt hatte, sieben Jahre lang 80 Prozent seines Gehaltes eingestrichen – während sich sechs juristische Instanzen mit der Frage beschäftigten, ob man diesen Mann aus dem Dienst entlassen könne. Der Beamte war in einem Revisionsverfahren wegen fahrlässiger Körpververletzung zu einer 15monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das ist juristisch gesehen nur ein Vergehen. Um einen Beamten aus dem Dienst entlassen zu können, muß er wegen einer vorsätzlichen Tat, das heißt, wegen eines „Verbrechens“ rechtskräftig verurteilt worden sein. Bei Reiner W. liegt der Fall ähnlich. Der Strafbefehl schützt ihn vor der Entlassung.

Das bedeutet nicht anderes, als daß Polizisten, die Straftätern das Handwerk legen sollen, selbst keine blütenweiße Weste brauchen. Sie dürfen vergewaltigen, sexuellen Mißbrauch betreiben... Die Entlassung ist unwahrscheinlich. Die Dienstbezüge werden ein bißchen gekürzt, aber die Pension ist sicher. Außerdem stehen die Chancen von mißbrauchten Frauen schlecht, das Unrecht zu beweisen. Wer wird einem Polizisten mißtrauen? Wo leben wir denn? Die Polizei ist schließlich Dein Freund und Helfer. Kerstin Schneider