Der dicke Nackte wird verboten

■ Plakatwerbung für die Revue "Kellnerinnen" wurde vom Landgericht Charlottenburg verboten. Schiller-Theater-Produzent sieht "Verunglimpfung" und erwägt Schadenersatzklage

Die Plakatwerbung für die Revue „Kellnerinnen“ in der „Bar jeder Vernunft“, eine Parodie auf die Werbung des Schiller Theaters für die Revue „Sekretärinnen“, ist gestern vom Landgericht Charlottenburg verboten worden. Damit wurde die einstweilige Verfügung gegen das Plakat bestätigt. Der tätowierte Nackte, der mit Bauch und Tablett für die Revue in der Bar jeder Vernunft wirbt, sei ein Verstoß nicht gegen den guten Geschmack, sondern „gegen das Verbot von unlauterem Wettwerb“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Der beklagte Dicke ist nach Meinung des Schiller Theaters eine zu große Konkurrenz für das athletische Männermodel Schenkenberg. Der nämlich wirbt nackt, aber ohne Tätowierung und ohne Bauch, mit einer Schreibmaschine vor dem Unterleib für das Musical „Sekretärinnen“ im Schiller Theater. Musical-Produzent Wolfgang Boksch hatte geklagt, weil das Plakat mit dem „Fettwanst“ ein „hundertprozentiges Plagiat“ der Sekretärinnen-Werbung darstelle. Er habe nichts gegen Satire, aber hierbei handele es sich um „sittenwidrigen Wettbewerb“ mit „Mitteln der Verunglimpfung“, so Boksch. „Der Schenkenberg hat uns viel Geld gekostet, und jetzt ist das ganze Image zerstört.“ Das Plakat sollte der Anfang einer Schenkenberg-Produktpalette für Büroartikel werden, doch jetzt hätten Sponsoren Bedenken angemeldet.

Dabei ist Boksch gewissermaßen der Vater der „Kellnerinnen“, wie die Schauspielerin Ilona Schulz erklärt. Sie gehört zu den drei ursprünglich für „Sekretärinnen“ engagierten Künstlerinnen, die fristlos entlassen wurden und in der „Bar“ mit „Kellnerinnen“ ihre eigene Revue entwickelten. Boksch hingegen wittert eine breiter angelegte Verschwörung einflußreicher Hintermänner aus der Showbranche. „Die Plakate hängen vornehmlich an den Werbeflächen einer ganz bestimmten Firma, deren Anwalt jetzt auch die Bar jeder Vernunft vertritt“, weiß die Pressesprecherin Petra Hardt.

Ungeklärt ist noch, ob die bereits hängenden Schmähplakate abgenommen werden müssen. Boksch denkt jetzt über eine Schadenersatzklage nach, die die Bar der Vernunft bis zu einer Million Mark kosten könnte. Boksch hat ein neues Plakat entworfen und das alte mit dem Zusatz „Das Original“ versehen lassen, während das Kellnerinnen-Plakat um den Zusatz „verboten“ erweitert wurde. Britta Steffenhagen