Alles auf Linie

■ Kohls Medienmacht funktioniert durch ein publizistisches Dreieck mit Springer und Kirch

„Der Mann muß weg.“ Wenn Helmut Kohl seine Medienleute im Kanzleramt um Obermedienfuzzi Andreas Fritzenkötter mit diesem Auftrag losschickt, dann wird bei Springer gehandelt, bis mitunter Köpfe rollen. In den Redaktionen sorgen nibelungentreue Kohl-Fraktionen dafür, daß die Blätter nicht zu sehr abweichen. Hans-Hermann Tiedjes „Umfaller“, die Anti-Kohl-Schlagzeile in Bild, war nur ein Ausfaller, der Folgen hatte.

Möglich macht das ein enges publizistisches Dreieck, das seit dem Beginn von Kohls Kanzlerschaft stabil ist. Die „Schleimspur der Macht“ (ein Springer-Insider) geht von Fritzenkötter direkt in die Redaktionsetagen. Sie werden mit Informationen gespickt und für Pressekampagnen eingespannt. Wenn Peter Boehnisch, Bild-Kommentator und einst Kohls Regierungssprecher, schreibt, Hintze habe es falschgemacht, liest man das als direkten Rüffel des Kanzlers in Bonn. Auf der anderen Seite wird Kohls Freundschaft zu Medienmogul Leo Kirch wirksam, der bei Springer Großaktionär ist – im Gegenzug setzt sich Kohl für Kirchs Medienmacht ein, wie dieser Tage beim Digital-TV-Poker in Brüssel. Auch im Kirch-Springer-Sender Sat.1 wird schon mal für Kohls Siege gesendet. Wenn auch die Kohl-Show „Zur Sache Kanzler“ 1994 für Kohl zu peinlich und für den Sender zum Quotenkiller wurde.

Am wichtigsten aber ist Bild. Das Boulevardblatt mit seinen 11,3 Millionen immer noch mehrheitlich sozialdemokratisch gesinnten Lesern ist der Dreh- und Angelpunkt von Kohls Medienaktivitäten. Vor der Wahl soll es nun eine interne Absprache Kirchs mit Verlagserbin Friede geben, die es dem Mogul erlaubt, die Blätter auf Kanzlerlinie zu halten. Ausgeschert ist bislang nur Bild am Sonntag, dessen Chef Michael Spreng Kohl 1997 wegen eines kritischen Kommentars hatte ablösen lassen wollen. Vergeblich – auch bei Springer präpariert man sich für die Nach-Kohl-Zeit. Lutz Meier