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KommentarWunderwaffe gegen das Böse?

■ Bundesregierung plant massive Ausweitung von Gen-Tests

Die gute Nachricht zuerst: Innenminister Manfred Kanther sieht ein, daß er für die von ihm in Auftrag gegebene Gen-Datei eine gesetzliche Grundlage braucht. Die schlechte Nachricht: Die geplante Regelung läßt eine beinahe uferlose Speicherung zu. Kanther hat sich im Streit mit Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig durchgesetzt. Der genetische Fingerabdruck soll nun nicht nur bei verurteilten Sexualstraftätern registriert werden. Tritt das Gesetz in Kraft, dann reicht für eine Speicherung in der Gen-Datei, daß ein Betroffener einer schweren Straftat verdächtigt wird – also wenn noch gar nicht bewiesen ist, daß er tatsächlich der Täter ist. Nicht nur der Kreis der Delikte als Grund für eine Speicherung wird so immens erweitert. Die Unschuldsvermutung, ein zentraler Baustein der Strafprozeßordnung, wird damit demontiert.

Populismus hat bei der Abfassung des Gesetzentwurfes Pate gestanden. Erinnert sei an den Bund Deutscher Kriminalbeamter, der den Einsatz des genetischen Fingerabdrucks zur Aufklärung von Einbrüchen forderte. Oder an Bayerns Innenminister Günther Beckstein, der für eine lebenslange Speicherung der Gen-Daten „von Sexualstraftätern – egal wie jung sie sind“, streitet. Die Bundesregierung nutzt die Erregung nach dem Sexualmord an dem Mädchen Christina in Ostfriesland, um eine gesetzliche Regelung durchzusetzen, die weit über den von ihr zur Begründung angeführten Anlaß hinausgeht. Wird der Gesetzentwurf verabschiedet, dann ersetzt die DNA-Analyse in kürzester Zeit den klassischen Fingerabdruck. Der „Fall Christina“ zeigt aber auch die Tendenz zum grenzenlosen Einsatz des neuen Mittels. Tausende junge Männer wurden bei der Rasterfahndung zu vergleichenden Gen-Tests vorgeladen – einen vergleichbaren Fall, in dem Tausende BürgerInnen zu vergleichenden Fingerabdrücken einbestellt wurden, gibt es nicht.

Die DNA-Analyse ist ohne Zweifel ein effektives Fahndungsinstrument. Nur wird sie gegenwärtig zur Wunderwaffe stilisiert – mit dem Risiko der Überbewertung und der Vernachlässigung zusätzlicher Ermittlungsinstrumente. Ein spektakuläres Beispiel dafür war in den USA der Prozeß gegen O.J. Simpson. Trotz Gen-Test mußte der Angeklagte freigesprochen werden. Es konnte nicht geklärt werden, wie die genetische Spur an den Tatort gelangt war. Wolfgang Gast

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