piwik no script img

Durchs DröhnlandMit Streichern und echt Haare bis zum Arsch

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Daß man als überzeugter Skater nicht gezwungenermaßen gesund leben muß, bewies Brad Nowell, Sänger der kalifornischen Sublime, als er einer Überdosis Heroin zum Opfer fiel. Die anschließend veröffentlichte Platte seiner Band fuhr in den Staaten dreimal Platin ein. Ihre Mischung aus fröhlichem Punkrock, ein wenig Hardcore und sonnenanbetendem Reggae hat die Nachfolgeformation Long Beach Dub All Stars wieder etwas entwirrt. Hier stürzen sie sich vor allem auf den Off-Beat, vom Punk bleibt nur die Attitüde, die Sache eher rauh und ungehobelt anzugehen.

Für ein paar weiße, blondgefärbte Shortsträger mit penetrant nackten Oberkörpern grooven sie allerdings recht flott.

29.5., 20 Uhr, Tommy-Weissbecker-Haus, Wilhelmstraße 9, Kreuzberg

Nach Berlin verschlagen hat es die New Yorkerin BJ Gordon schon vor einiger Zeit, ihrem Sinn für breitesten amerikanischen Mainstream-Rock hat das jedoch leider keinen Abbruch getan.

29.5., 22 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg

DAS EFX, früher mal leicht bekifft aus der zweiten Reihe hervorgerappt, sind inzwischen so was von etabliert, daß sie sogar das Thema von „Rocky III“ sampeln können, ohne daß jemand das komisch finden würde. Die Zeiten, in denen ihr verspielter Reimstil extraordinär war, sind lange vorbei. An wenigen anderen HipHop-Acts hat der Zahn der Zeit so ausführlich genagt.

Mit Gang Starr, 30.5., 20.30 Uhr, Foyer der Arena, Eichenstraße 4, Treptow

Nachdem Motörhead in letzter Zeit ja fast Musik machen, springen Wolfpack in die Bresche. Das Quintett aus Schweden kommt vom Punk, weiß aber vor allem, was metallene Bösartigkeit ist.

31.5., 20 Uhr, Tommy-Weissbecker-Haus

Reichlich Erfahrung konnten die vier Mitglieder der Peechees vorher in anderen Punkbands sammeln, trotzdem fielen bisher aber nur ein paar Krümel vom großen Kuchen Punkrevival ab. Die Peechees verweigern sich allerdings auch dem in den letzten Jahren so erfolgreichen Entwurf, der locker-lustige Melodien und ein paar forsch-fröhliche Gitarren vorsieht. Nicht, daß das hier Artrock wäre, aber es klingt einen Hauch zäher, einen Tick sperriger, kurz gesagt: irgendwie originaler als der ganze Bubblegum- Punkpop, der sonst so aus den USA rüberschwappt.

31.5., 22 Uhr, Tacheles, Oranienburger Straße 53–56, Mitte

Weder Cornershop noch Fun- da-mental oder die Asian Dub Foundation sind sonderlich glücklich darüber, wenn sie als Asian Underground eingeordnet werden. Und tatsächlich macht es musikalisch nicht viel Sinn, haben der Gitarrenpop von Cornershop, die Terrorattacken von Fun-da-mental und der Metal-Rap der Foundation außer im weitesten Sinne asiatischen Einflüssen wirklich nicht viel miteinander gemein. Praktisch ist es trotzdem und bringt uns Festivals wie „New Asian Kool“. Drei DJs und drei Bands, die wieder nur dieser kleinste gemeinsame Nenner verbindet: Black Star Liner peppen indische Soundtracks mit Techno- Beats auf, und im ziemlich wavigen Rock von Narco muß man nach Asiatischem mit der Lupe suchen, während Core das Tröpfeln des TripHop ziemlich clever mit elegischem Geflöte aus der Heimat verbinden.

1.6., 21 Uhr, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte

Wenn das inzwischen nicht fast ein Schimpfwort wäre, würde man wohl sagen, King Kong (nicht zu verwechseln mit der Ärzte Splitter-Combo) wären Low-Fi. Die Band um Ethan Buckler, den vor allem berühmt gemacht hat, daß er einmal bei der Underground-Legende Slint gespielt hat, versucht sich allerdings offiziell gerade am Gegenteil. Funky möchte man sein, Pop spielen, Soul haben und grooven, was der Tanzboden hergibt. In ihrer Musik ist das dann auch alles drin, nur nicht so richtig. An sämtlichen Ecken und Enden hakt es – kein bißchen elegant oder glamourös, sondern eher schüchtern und verklemmt und ungelenk.

Wenn Soul was mit Sex zu tun hat, halten King Kong nicht mal Händchen. Man stelle sich vor, ein Hochschulseminar beschäftigt sich mit den Grundlagen der Funkiness und anschließend setzt der Tutor die Ergebnisse mit den Studenten im Selbstversuch um. So hören sich dann King Kong an: Mit gehörigem Abstand zum Objekt, aber dann auch mit viel Respekt; einerseits völlig ernsthaft, aber gerade dadurch auch ziemlich lustig. Nie war Scheitern lieblicher anzuhören.

3.6., 21 Uhr, Insel, Alt-Treptow 6, Treptow

Wer eine Vorstellung davon bekommen möchte, wie sich der Engländer die amerikanische Weite erträumt, muß die Bluetones hören. Im CD-Booklet öffnen sich die Flügeltüren eines Saloons wie in einem Kinderbuch, auf der CD sind die Gitarren bis in die Ewigkeit verzerrt, ohne allerdings wirklich exakt jenes Flirren nachzustellen, das die originalen Wüstenrocker wie Giant Sand können. Genau deshalb, als artifizielle, fast schon ironische Version eines längst zum Klischee geronnenen Sounds, sind die Bluetones denn auch noch halbwegs interessant. Wem so was wurscht ist, kann sich immer noch an schwer romantischen Melodien freuen.

3.6., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg

N.O.H.A. hören sich an wie die Kopfgeburt, die sie sind. Ein paar flotte Beats aus der Fernsehwerbung, ein bißchen Gerappe, soulige Frauenstimmen satt und fertig ist die Dancefloor-Laube, glaubten der altgediente Produzent Jochen Eickenberg und Philip Noha, Saxophonist aus Prag. Tatsächlich ist das Ergebnis so perfekt durchgematscht, daß das mittlere Management bei jeder zweiten großen Plattenfirma höchstwahrscheinlich ganz feucht geworden ist. Dann doch lieber gleich Scooter.

3.6., 21 Uhr, Pfefferberg

Aus dem Ostwestfälischen stammen Vamp 7, ein Quintett, dem bisher entgangen ist, daß die Rockmusik in den letzten paar Jahrzehnten gewisse Rechtfertigungsschwierigkeiten hatte. Hier finden wir noch ungebrochen das gute alte Leisetreter-Intro, das entweder widerspruchslos in eine Ballade übergeht oder mit einem Stück Abgeh-Rock abgestraft wird. Selbst vor dem Einsatz von Streichern und Haaren bis zum Arsch wird hier nicht zurückgeschreckt.

4.6., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Prenzlauer Berg, Eintritt frei Thomas Winkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen