Stasi-Prüfung auch im Westen

■ Der Stasi-Beauftragte stellte Jahresbericht vor und forderte weitere Überprüfungen im öffentlichen Dienst in Ost und West

Der Landesbauftragte für Stasi- Unterlagen, Martin Gutzeit, hat gestern erneut gefordert, daß auch im Westteil Berlins Lehrer, Polizisten und leitende Beamte des öffentlichen Dienstes überprüft werden. Aufgrund neuer Erkenntnisse der Gauck-Behörde über die Zuarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit von mehr als 20.000 Westdeutschen sei es nicht mehr länger vertretbar, bei Mitarbeitern im öffentlichen Dienst nur im Ostteil der Stadt Überprüfungen durchzuführen. „Das ist eine Frage der Gleichberechtigung“, meinte Gutzeit.

Anläßlich der Vorstellung seines vierten Jahresberichts forderte Gutzeit außerdem, die Bediensteten im Ostteil ein zweites Mal zu überprüfen. Die Gauck-Behörde könne erst seit Februar 1996 verläßlich Auskunft geben und auch zu Problemfällen Stellung nehmen. Erste Zweitprüfungen hätten ergeben, daß sich in bis zu drei Prozent der Fälle neue Erkenntnisse ergäben. Bislang sei in Berlin von einer Zweitüberprüfung nur bei der Polizeibehörde Gebrauch gemacht worden.

Weiterhin will Martin Gutzeit, daß die Opfer des SED-Regimes besser entschädigt werden. Er kritisierte, daß die bisherigen Gesetze die langfristigen Auswirkungen beruflicher Nachteile nicht ausreichend berücksichtigten. So hätten etwa oppositionelle Lehrer, die noch zu DDR-Zeiten gekündigt wurden, noch heute Probleme, wieder an ihren alten Schulen zu unterrichten. Sie würden dort oftmals als „Nestbeschmutzer“ gelten.

Gutzeit kritisierte, daß das Land Brandenburg immer noch keinen eigenen Stasi-Beauftragten habe. Der Informationsbedarf in den Gemeinden Brandenburgs sei sehr groß. Mitarbeiter seiner Behörde böten deshalb in auch Potsdam einmal im Monat Beratungen an. In Berlin und Potsdam suchten monatlich bis zu 100 Menschen die Beratungen auf.

Der Stasi-Landesbeauftragte ist vom Abgeordnetenhaus bis zum Jahr 2002 ernannt worden. Seine Hauptaufgaben sind Bürgerberatung und politische Bildungsarbeit. Christian Haase