Spiel's noch einmal, Lem

■ Motörhead waren donnerstags im Aladin ganz die alten Alten. Absolut beispielgebend für den durchschnittlichen taz-Leser

Lemmy Kilmister ist ein Mann, der mit seinen über fünfzig Jahren ungefähr ein Jahrzehnt älter ist, als der durchschnittliche taz-Leser. Trotzdem ist er einer, der immer noch die alte Wildsau raushängen läßt und dem auch das gelegentliche Verfassen und Absingen von Balladen verziehen werden kann, weil er sich die meistens für die Platten aufspart. Jedenfalls gab es im Aladin dieses Mal keine Schnulzen und auch kein Schlagzeugsolo, wie noch vor drei Jahren.

Die drei Typen enterten die Bühne, Lemmy, der maximo lider mit Warze, und seine Erfüllungsgehilfen, der gutgelaunte Gitarrist Phil Campbell, laut neuem Pseudonym 'der Künstler, der häufig im Spirituosengeschäft gesichtet wird', und Mickey Dee, der Schlagzeuger, der irgendwie aus der Reihe der Motörhead-Musiker der letzten gut zwanzig Jahre herausfällt: Einerseits, weil er das unerhörte Kunststückchen vollbringt, Motörhead-Songs einen Hauch musikalischer Komplexität zu verleihen, und zum anderen, weil er blond ist.

Diese Herrschaften betraten also die Bühne, und Lemmy stellte sich an sein wie üblich ziemlich hoch gehängtes Mikrophon und sagte, was sowieso alle wußten, nämlich, daß sie Motörhead seien und gleich Arsch treten würden.

Dies geschah, und Lemmy vesprühte einen rauhbeinigen Charme, daß selbst die vereinzelt unmutig aufgenommenen, schweinösen Solierereien von Phil Campbell den Spaß kaum trüben konnten.

Lemmy ist eben immer noch ganz der Alte und fällt bestimmt ebenso wenig in einer Bibliothek von der Leiter, auch wenn er durchaus liest, zur Zeit angeblich Stephen King (ausgerechnet...), wie er zum delirierenden Drogenwrack mutiert ist.

Beruhigend konstant, der Mann.

Andreas Schnell