: City-Kaufleute wütend auf „Einzelhandels-Killer“
■ Auf Einladung der Grünen trafen sich die Innenstadt-Kaufleute zur Beratung
Es hatte ein klein wenig von einer Verschwörung: In dem fensterlosen „Blauen Saal“ des Marriot-Hotels trafen sich am Donnerstag abend führende Köpfe der Grünen und der bremischen Kaufmannschaft. Thema: Die Bedrohung des Einzelhandels durch die Wirtschaftspolitik der großen Koalition bzw. der CDU. (Die SPD gibt es in dieser Frage nicht, es war auch keiner da.) Die Verärgerung darüber, „wie mit uns umgegangen worden ist“, hat den Karstadt-Chef Günter Kirsch auf das Podium der Grünen getrieben: Erst im März seien die Einzelhändler von einem fertigen Gutachten über ein Einzelhandels-Zentrum an der Ritterhuder Heerstraße überrascht worden, und dann werde im April in einem Nebensatz gesagt, das müsse nun am Space Park entstehen. Auf ausdrückliche Nachfrage sei versichert worden, für den Einkaufspark an der Ritterhuder Heerstraße gebe es keinen konkreten Investor. „Und es gibt doch einen, der hat fertige Pläne für 70.000 Quadratmeter“, berichtete der Karstadt-Chef bitter.
Zwischen den Fronten: Der frühere Karstadt-Chef Blumenberg, der auf der Versammlung um Verständnis für den Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) zu werben versuchte, weil er für die CDU in der Wirtschafsdeputation sitzt. Der Senator habe ihm erklärt, er werde das Gespäch mit den Einzelhändlern suchen, wenn das Space Park-Projekt klar sei, durfte Blumenberg versichern. Aber im Juli soll endgültig entschieden werden. „Hans-Henry, ich verstehe dich nicht mehr“, fiel der Kaufhof-Chef, Horst Brinkmann, dem langjährigen Kollegen jäh ins Wort: „Hat die Politik Dich so sehr verändert?“ Vor Jahren seien die beiden gemeinsam zum damaligen Wirtschaftssenator gegangen, als das Einkaufszentrum Weserpark zur Entscheidung anstand, berichtete Brinkmann – keine zwei Wochen später sei die Entscheidung verkündet worden. Seit Gründung des Weserparks hätten die beiden großen Innenstadt-Kaufhäuser 20 Prozent ihrer Kundschaft verloren.
Einen ähnlichen Effekt befürchten sie, wenn auf dem Space Park- Gelände ein Einkaufszentrum derselben Dimension entsteht. Was soll da auf 44.000 Quadratmetern angesiedelt werden? Stefan von Dellinghausen, auch CDU-Wirtschaftsdeputierter und Liebhaber der Luft- und Raumfahrt, versicherte, das sei so gedacht, daß Space Park-Besucher von weither kommen und dann auch ins Einkaufszentrum gehen. Ob die denn Möbel oder Teppiche in den Bus schleppen würden, witzelte der Ortsamtsleiter Mitte, Robert Bücking. Für die Kaufleute ist klar: Ein Einkaufszentrum von der Größenordnung macht für einen Investor nur Sinn, wenn da –wie im Weserpark – das ganze Sortiment angeboten wird, eben eine zusätzliche „Innenstadt“ entsteht, wo dort die Umsätze seit Jahren stagnieren. Ein großes Einzelhandelszentrum wenige hundert Meter weiter „wäre auch für Gröpelingen tödlich“, erklärte der Sprecher der Gröpelinger Geschäftsleute, Wolf Blank, der sonst für die CDU im Beirat sitzt. „Das macht den Wall fertig“, ergänzte der den Grünen nahestehende Ortsamtsleiter Bücking. Und rief die Kaufleute auf, jetzt ihre Stimme weiter kräftig zu erheben. Gegen den versammelten Einzelhandel dieses zusätzliche Einkaufzentrum durchzusetzen, „das hält die Politik nicht durch“, machte der Grüne den Kaufleuten Mut. Die applaudierten.
Die Grünen mußten sich dafür die Mahnung anhören, ihre Ablehnung des PKW-Verkehrs sei ärgerlich – wenn sie sich für die Innenstadt einsetzten, dürften sie die Erreichbarkeit mit dem PKW nicht torpedieren. Helga Trüpel, die bei den Grünen für die Wirtschaftspolitik zuständig ist und zu dieser Versammlung eingeladen hatte, sicherte den Innenstadt-Kaufleuten ihre Unterstützung zu.
Die beiden CDU-Vertreter fühlten sich sichtlich unwohl in ihrer Haut. Er werde eine „sehr warnende Rolle einnehmen“, CDU-intern, versprach der frühere Karstadt-Chef Blumenberg, der Space Park sei ja nicht als „Einzelhandels-Killer“ gedacht. K.W.
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