■ Vorschlag: Reality Bites – Das FilmFest Potsdam zeigt über 70 Filme
Das Filmfest Potsdam gibt nicht auf. In den letzten Jahren hat sich die Veranstaltung eher als Publikumsschreck erwiesen, doch jetzt soll mit neuem Namen und neuer Mannschaft alles besser werden. Der behäbige „Europäische Salon für Liebhaber des jungen Films“ wurde aufgelöst, statt dessen lockt der „Potsdamer Filmsommer“ die Menschen in die Kinos. Was mit den Studentenfilmtagen „Sehsüchte 98“ ganz gut anfing, steuert nun mit dem „FilmFest Potsdam“ seinem vorläufigen Höhepunkt entgegen.
In fünf Tagen flimmern über 70 Filme in sechs Festivalsektionen über die Leinwände. Darunter die Reihe „Rechte Kerle“, der Wettbewerb „Reality Bites“, die immer gut besuchten Kinderfilme und mit der Hommage an Joachim Król eine recht frühe Ehrung für den Schauspieler aus „Der bewegte Mann“ oder „Rossini“. Neben dem „Besten Spielfilm“ wird zum ersten Mal auch ein Publikumspreis verliehen. Nach jeder Vorstellung können die Zuschauer Noten zwischen 1 und 5 verteilen.
Ein Höhepunkt des Festivalprogramms ist mit „Charakter“ von Mike van Diem der diesjährige Oscar-Gewinner für den „Besten ausländischen Film“. Besonderes Augenmerk verdient ein Film aus Großbritannien: „My Son The Fanatic“ von Udayan Prasads. Darin wird das klassische Rollenverhältnis von Alt und Jung auf den Kopf gestellt. Der Generationskonflikt pakistanischer Immigranten in England einmal andersherum. In dem Film spielt Om Puri einen Taxifahrer, der seit Jahren brav seine Ersparnisse in die pakistanische Heimat überweist. Und das, obwohl er vermutet, daß „die dort längst Diamanten fressen müssen“. An eine Rückkehr verschwendet er keinen Gedanken. Er fühlt sich wohl in seiner „neuen“ Heimat. Um so schwerer fällt es ihm, mit anzusehen, wie sein Sohn Farid erst die Verlobung zu einer Engländerin löst und dann immer mehr Interesse am islamischen Fundamentalismus entwickelt. Richtig drunter und drüber geht es, als Farid einen islamischen Geistlichen für einige Tage in das Elternhaus einlädt. Das Drehbuch für „My Son The Fanatic“ schrieb der englische Autor und Regisseur Hanif Kureishi („Mein wunderbarer Waschsalon“), der einmal mehr unterschiedliche Kulturen und Generationen aufeinanderprallen läßt.
In der Reihe „Rechte Kerle“ findet heute (Beginn 19 Uhr) im Anschluß an die Filme „Schwarzfahrer“ und „Skin or Die“ eine Diskussion zum Thema „Was tun gegen rechte Gewalt?“ statt. Alexander Remler
in den Thalia Kinos, im Filmmuseum und im Studiokino Babelsberg
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