Das Jüdische Museum steht unter Aufsicht

■ Im April hat Kultursenator Radunski dem Jüdischen Museum die vollständige Autonomie versprochen. Jetzt bleiben wesentliche Zusagen, insbesondere zu den Finanzen, in der Vorlage außen vor. Radunski:

Die Unabhängigkeit des neuen Jüdischen Museums und seines Direktors Michael Blumenthal ist gefährdet. Mehr als zwei Monate nach der Verabredung zwischen Blumenthal und Kultursenator Peter Radunski (CDU) über die Autonomie des Libeskind-Baus bleibt die zugesagte Eigenständigkeit eingeschränkt. Zugleich läßt das schon Ende März angekündigte Rechtsmodell über die Struktur des Museums weiter auf sich warten. Diese Verzögerung kann zur Folge haben, daß die 1999 geplante Eröffnung des Hauses und die Erarbeitung des Ausstellungskonzepts bedroht sein könnten.

Einen Dämpfer hat die von Radunski versprochene finanzielle, personelle und inhaltliche Autonomie durch einen Bericht der Kulturverwaltung an den Senat erhalten. Darin wird zwar gefordert, das Jüdische Museum in eine „unselbständige Stiftung innerhalb der Stiftung Stadtmuseum umzuwandeln“ und Blumenthal als gleichberechtigten Partner neben Stadtmuseums-Chef Reiner Güntzer zu bestellen. Zugleich soll das Jüdische Museum über seine zugesagten Mittel frei bestimmen können. Der Haken in der Radunski-Vorlage aber bleibt, daß damit weder die alleinige Entscheidungskompetenz noch die finanzielle Unabhängigkeit gewahrt sind.

So heißt es in dem Bericht, daß „jede Maßnahme (insbesondere jedes Rechtsgeschäft) von direkter oder indirekter, aktueller oder zu erwartender finanzieller Bedeutung der Mitzeichnung des Beauftragten der Stiftung Stadtmuseum“ bedürfe. Außerdem wird dem Direktor des Jüdischen Museums vorenthalten, Sponsorengelder, Lottomittel oder Förderanträge selbst zu beantragen. Auch diese müßten, laut Vorlage, von Güntzer mitgetragen werden.

Nach Ansicht von Wolfgang Lüder, Exbürgermeister und Vorsitzender der Gesellschaft für ein Jüdisches Museum in Berlin e.V., bedeutet die Vorlage, „daß dem Jüdischen Museum und seinem Direktor wesentliche Kompetenzen vorenthalten werden“. Außerdem würde die Arbeit Blumenthals vom „Ermessen des Direktors des Stadtmuseums abhängig gemacht werden“. Diese Vorschläge dürften nicht Eingang in das zukünftige Rechtsmodell finden, so Lüder. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Gezänk zwischen der Stiftung Stadtmuseum und dem Jüdischen Museum gegeben.

Lüder besteht darauf, daß „Radunski sich an die im April gegebenen Verabredungen mit Blumenthal hält“. Außerdem forderte er, das Jüdische-Museums-Gesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden. Lüder: „Blumenthal hat die Zusage bekommen, jetzt muß sie endlich vom Parlament und dem Senat bestätigt werden.

Radunski-Sprecherin Kerstin Schneider räumte ein, daß noch kein endgültiges Rechtsmodell vorliegt. Die Kulturverwaltung wolle sich aber „zügig“ mit einer Senatsvorlage befassen. Außerdem stellte Schneider in Aussicht, daß Radunski „wohl noch verschiedene Punkte der Vorlage diskutieren oder ändern will“. Rolf Lautenschläger