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Fusion der Gewalten als Reform

Neuer Regierungschef in NRW verschmilzt trotz Kritik die Ressorts Inneres und Justiz. „Staatsvereinfachung“ wertet Frauenbelange im Kabinett auf  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Das neue Kabinett des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD) wird um vier Ministerien verkleinert. Es besteht dann nur noch aus acht Ressorts. Damit solle der „Reformprozeß der nordrhein- westfälischen Verwaltung an Haupt und Gliedern“ eingeleitet werden, sagte Clement gestern zu seiner neuen Ministerliste. Wer von der Staatsvereinfachung rede „und nicht auf der obersten Ebene anfängt, will sie in Wahrheit nicht“.

In den vergangenen Tagen hatte die Zusammenlegung des Justizressorts mit dem Innenministerium bei Richtervereinigungen und der Gewerkschaft der Polizei gleichermaßen Kritik provoziert. Clement nannte das „befremdlich“. Man werde die Zusammenführung mit „großer Sensibilität und aller Achtung vor der dritten Gewalt“ Schritt für Schritt vollziehen. Den getroffenen Entscheidungen komme im übrigen „keine Ewigkeitsaussage“ zu. Chef der Mammutbehörde Inneres/Justiz wird der bisherige Justizminister Fritz Behrens, der dem früheren Innenminister Schnoor als Referent gedient hatte. Gegen die Ressortfusion hegen die nordrhein- westfälischen Grünen nach wie vor „grundsätzliche Bedenken“, sagte deren Sprecher Reiner Priggen der taz. Weil der neue Minister jetzt zugleich Dienstherr der Polizei und der Justizangestellten sei, „könne er in Konflikte kommen“.

Sehr lobend äußerte sich Priggen dagegen zum neu zugeschnittenen Frauenministerium, das künftig von der Bochumer SPD- Landtagsabgeordneten Birgit Fischer geleitet wird: „Daß das Frauenministerium nicht wie in Niedersachsen und dem Saarland aufgelöst, sondern deutlich aufgewertet wurde, ist positiv“. Viele Frauengruppen hatten im Vorfeld die Veränderungen heftig kritisiert. Die neue Ministerin wird künftig auch für Jugend, Familie und Gesundheit zuständig sein.

Gabriele Behler (SPD), die bisherige Schulministerin und eine der Brückenbauerinnen innerhalb der Düsseldorfer Koalition zu den Grünen, bekommt das Ministerium für Wissenschaft hinzu. Damit will Clement zu einer „grundlegenden Neuorientierung“ in der Bildungspolitik kommen, die es als „Gesamtheit“ zu sehen gelte. Die bisherige Städtebau- und Sportministerin Ilse Brusis ist künftig auch für Arbeit und Soziales zuständig. Daß deren Städtebauabteilung nicht ins „sachlich zuständige“ (Priggen) Bauministerium von Michael Vesper (Grüne) wanderte, haben die Grünen vergeblich moniert. Doch vor diesem Veränderungsschritt zuckte Clement offenbar aus parteiinternen Gründen – trotz gegenteiliger Versprechungen gegenüber den Grünen – in letzter Minute zurück. Unverändert bleiben die Ministerien Finanzen, Umwelt und Bauen.

Clements bisheriges Amt im Wirtschaftsministerium übernimmt der Schröder-Berater Bodo Hombach. Die Vorwürfe gegen Hombach im Zusammenhang mit dessen Hausbau betrachtet Clement als widerlegt. Er habe Hombach „guten Gewissens und in vollem Vertrauen berufen“. Kommentar Seite 12

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