Unterm Strich

Astrid Lindgren wird wegen eines allgemeinen Schwächezustands in einem Stockholmer Krankenhaus behandelt. Wie ihre Tochter Karin Nyman am Mittwoch der Zeitung Aftonbladet mitteilte, wird die 90 Jahre alte Schöpferin der Pippi Langstrumpf bereits seit zwei Wochen auf einer Pflegestation betreut. „Schwächezustand“ wird von Frau Nyman wie folgt definiert: „Es geht ihr nicht extrem schlecht, aber sie ist dringend ruhebedürftig und schläft viel.“ Ihre Mutter habe deshalb auch die Teilnahme an der Eröffnung des „Astrid-Lindgren-Kinderkrankenhauses“ am Mittwoch im Stockholmer Stadtteil Solna absagen müssen. Die seit vielen Jahren fast blinde Autorin, die auch mit anderen Werken – „Die Kinder von Bullerbü“, „Karlsson vom Dach“, „Ferien auf Saltkrokan“ – in die Kindheit der noch Alphabetisierten hineinragt, lebte bis zur ihrer Einweisung ins Krankenhaus allein in ihrer Stockholmer Wohnung. Sie könne hoffentlich bald dorthin zurückkehren, erklärte die 64 Jahre alte Tochter. Die Wohnung müsse aber für die Bedürfnisse Behinderter umgebaut werden.

Hätten Sie's bemerkt? „Das Burg Herzberg Open Air hat in diesem Winter für Schlagzeilen gesorgt“, heißt es in einem Bekennerfax des „Movement of The Hippies“. Nun scheint der Event, gegen den zwei finstere, adlige Grundherrn mit juristischen Finten angegangen waren, für die Gegend in und um Fulda mit all seinen Hippiepopulationen und Landkommunen gerettet, und zwar für volle fünf Jahre, und zwar mit voller Billigung u.a. des Landratsamts!

Die Veranstalter gehen auch gleich in die vollen und planen für das vom 17.–19. Juli stattfindende Festival Woodstock-II-mäßig neben einer „Hippie- Stage“ eine „Prog-Stage“ mit u.a. einem balinesischen Gamelan-Orchester („Sinn und Zweck dieser Aktion ist es, unseren Besuchern die indonesische Kultur näherzubringen“) und neu zusammengesetzten Teilen von Ash Ra Tempel. 30.000 Besucher werden erwartet.

Und nun raten Sie mal, wer auf der „Hippie-Stage“ spielt. Colosseum! Wishbone Ash! Edgar Broughton! Country Joe McDonald! Caravan! Und, als Special Guest, na? na? Man!!! Yeah! Wir finden, Roland Emmerich sollte einmal das Burg-Herzberg-Festival verfilmen, mit lauter langhaarigen, kiffenden Riesenechsen, die in Manhattan Eier legen wollen und dabei auf mutierten Gitarren spielen.

Frage des Tages: Sind Autoren Schweine? Abschaum, Gewürm, Geschmeiß? Die Fußmatten der Gesellschaft? Werden Autoren am Wiener Burgtheater „wie der allerletzte Dreck“ behandelt? Letzteres zumindest hat der österreichische Schriftstellers Franzobel dem renommierten Haus vorgeworfen. Das Direktoriumsmitglied der Burg, Hermann Beil, wies die Kritik Franzobels am Mittwoch zurück. In einem offenen Brief bezeichnete Beil die tags zuvor veröffent-

lichte Erklärung des 31jährigen Autors als Sammlung von „Polemik, Ressentiments, Unterstellungen, Beschimpfungen und Unwahrheiten“. Franzobel hatte sich von der für diesen Samstag geplanten Uraufführung seines Stückes „Bibapoh“ in der Burg-Zweigstelle Kasino am Schwarzenbergplatz distanziert, nachdem er eine Probe besucht hatte: Es werde „vorgeführt, wie man sich einem Text nicht nähert, sondern sich konsequent von ihm entfernt“.

Sich einem Text nicht nähern, sondern sich konsequent von ihm entfernen – das wünscht sich unsereins auch gern, eigentlich sogar gerade jetzt, während des Wartens aufs Eröffnungsspiel, von dem wir uns den Beginn italienischer Verhältnisse erhoffen: nackt proseccotrinkend in öffentliche Brunnen springen usw. Gemeldet will indes noch sein, daß der Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen nach Einschätzung des Deutschen Musikverleger-Verbandes zu sterben droht. Schon jetzt fallen in einigen Grund- und Hauptschulen bis zu 90 Prozent der Unterrichtsstunden für Musik aus, erklärte der DMV zum Abschluß seiner Jahrestagung in Weimar. „Durch die drastischen Kürzungen im Kulturetat wird der Musikunterricht immer mehr zum Stiefkind der Lehrpläne“, erklärte Verbandspräsident Peter Hanser-Strecker. Er forderte die Verantwortlichen auf, bei den Kürzungen des Musikunterrichts endlich „die Notbremse“ zu ziehen.