Poliertes Orchester, staubige Show

■ Max Raabe und das Palastorchester im Schmidts Tivoli: Musik und Lakonie groß, aber wäre bloß das Varieté zu Hause geblieben

Kaum ein Fernsehbeitrag über die Gefahren moderner Kommunikation kommt ohne seinen Soundtrack aus: Max Raabe und das Palastorchester sind mit „Kein Schwein ruft mich an“ akustisch berühmt geworden. Zu sehen ist die 13köpfige Combo jedoch selten. Um diesem Mißstand abzuhelfen, tourt Max Raabe durch die Republik. Derzeit gastiert er mit seinem zweiten abendfüllenden Programm unter dem Titel Das Palastorchester im Varieté in Schmidts Tivoli.

Der Auftrag des Hauses, eine große Bühne für sogenannte Kleinkunst bereitzustellen und zu hoffen, daß die Überraschung in die richtige Richtung zündet, hat sich diesmal für das Tivoli sichtlich gelohnt. Zumindest bei der Premiere am Freitag tobte das Publikum, und erst nach drei Zugaben wurden die Musiker widerwillig von der Bühne gelassen. Das Palastorchester hat den Applaus wirklich verdient. Was auch immer man vom nostalgisch-verklärenden Recycling der Goldenen Zwanziger Jahre halten mag: Hier wird es immerhin auf hohem musikalischen Niveau betrieben. Schlager wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ sind zudem schön kurz, und die Schmerzgrenze wird erstaunlich selten erreicht.

Leider hat aber Max Raabe zur Auflockerung ein Clown-Duo, eine Seilkünstlerin und drei Artistengruppen verpflichtet, und das hätte er sich sparen können. Das Orchester wäre in der Lage, mit seinen kleinen, lakonischen Scherzen am Rande den unterhaltenden Teil selbst zu übernehmen. Die hausbackenen Showeinlagen und die bunten Kostüme der Gast-Sternchen ließen eher an muffige 60er-Jahre-Unterhaltungs-Galas denken und wirkten wesentlich verstaubter als die auf Hochglanz polierte Band. Das Palastorchester braucht keine Begleitung – das Varieté dagegen scheint Leute wie Max Raabe bitter nötig zu haben.

Barbora Paluskova

noch heute, 20 Uhr, Schmidts Tivoli