■ Nachschlag
: „Globen“ von David Gieselmann, eine Uraufführung im Parabolicasaal

Zwei Jungs in Clubwear, zwei Mädels in Plastik, eine Pistole, eine Handkamera und jede Menge bunte Bäckerkörbe – sieht so das Leben in der Provinz aus? „Hundertvierzigtausend“, sagt Ry mit vielsagend erschütterter Stimme. Hundertvierzigtausend Einwohner habe seine Stadt, meint er damit, und findet es schlimm. Eine wie ich, die in einer „Großen Kreisstadt“ mit weniger als dreißigtausend Mitmenschen aufgewachsen ist, findet diese Erschütterung lustig. Ein „Salsadrom“, das wir hätten überkriegen können, gab es erst gar nicht, und wenn einer sagte „Ich gehe weg von hier“, dann tat er das auch. Hier aber ist Berlin und der Parabolicasaal, und hier kommt vier Jungmenschen ihre kleine Großstadt vor wie der Hinterhof der Hölle. David Gieselmann, Absolvent der Hochschule der Künste, hat das Stück „Globen“ geschrieben, und zwar für vier Darsteller, mit denen er bereits im letzten Jahr „Ernst in Bern“ im Schokoladen realisierte. Ein sogenanntes Autorenprojekt also, und die No-Budget-Bäckerkörbe stammen immerhin von Johanna Pfau (Baracke).

Simm und Liv, Ry und Fischmehl. Alle tun ein bißchen nichts, außer sich – Globen! – um sich selbst zu drehen. Bis Ry eine Pistole findet und um ein Haar Liv erschossen hätte, so daß sich beim Versuch einer filmischen Rekonstruktion dieses schockierenden Ereignisses am Ende schließlich eine Art Gemeinschaft herstellt. Sirrender Nachmittagsleerlauf könnte das sein, eine neuzeitlich harmlose Variante zu Wolfgang Bauers „Magic Afternoon“. Richtig lustige Passagen sind die, in denen Gieselmann seine Figuren die Erzählerperspektive einnehmen läßt und man beispielsweise erfährt, wie viele Nachschlüssel zum einzigen Auto in der Clique existieren. Wenn die vier miteinander sprechen, wird es zuweilen aber peinlich. Weder spricht man so, noch ist das geformt. Egal, das ist ebensowenig das Problem dieser Arbeit wie die Unerfahrenheit der Darsteller. Brigitte Zeh, Nicola Schößler, Tim Lang und Jürgen Lehmann haben alle ihren guten Moment. Was ihnen und dem Text aber fehlt, ist eine Regie. Gieselmann hat selbst inszeniert. Lauter Anfänger, kein Regisseur und dann auch noch die definitive Atmosphärelosigkeit des Raumes – das hat seinen Preis. Klapperndes Aufsagetheater, wenn auch mit Blinklichtern möglichen Charmes. Petra Kohse

Noch heute, 15.6., 21 Uhr, Parabolicasaal, Schlegelstraße 26/27