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■ Im Parallel-Universum geht die Fußball-Weltmeisterschaft ganz anders aus„Das ist ein Höllenjob“

Daß niemals die Mannschaft Fußball-Weltmeister wird, mit der man am meisten gezittert hat, gehört zu den Dingen, die leider jeder Mensch lernen muß. Dabei ist die im Fernsehen übertragene Fußball-WM nicht die einzig real existierende, denn selbstverständlich wird auch im Parallel-Universum gekickt.

Und so gibt es auch ein Parallel- Universum, in dem alle Fußball- Weltmeisterschaften gerecht ausgehen: Die Weltmeisterschaft des Jahres 1990 endete beispielsweise für die Bundesrepublik schon im Viertelfinale – Paul Gascoigne hatte den entscheidenden Elfmeter für England verwandelt. Die Bilder des hemmungslos schluchzenden Jürgen Kohler, der seinen Strafstoß verschossen und damit die BRD aus dem Turnier gekickt hatte, gingen um die Welt. Bundestrainer Franz Beckenbauer trat von seinem Posten zurück und kam damit seiner Entlassung durch den DFB zuvor. In einer bewegenden Pressekonferenz verkündete der Ex-Kaiser anschließend, nie wieder mit dem bezahlten Fußball zu tun haben zu wollen; er zog sich verbittert in die Einsamkeit der Bergwelt zurück und wurde nie wieder in der Öffentlichkeit gesehen.

Seinem Nachfolger Berti Vogts erging es kaum besser. 1994 wurde Bulgarien Weltmeister, zwei Jahre später stellte Vogts ebenfalls sein Amt zur Verfügung, nachdem die deutsche Elf schon in der Vorrunde unter anderem am späteren Europameister Rußland kläglich gescheitert war. Den weiteren Niedergang konnte auch sein Nachfolger Jupp Heynckes nicht aufhalten, nachdem es nicht gelungen war, sich für die WM 98 in Frankreich zu qualifizieren, stand die Nationalmannschaft erstmals ohne Trainer da. Der deutsche Fußball hatte Rückschläge erlitten, von denen er sich nie wieder erholen sollte. „Das ist ein Höllenjob!“ erklärte stellvertretend für viele andere Peter Neururer seine Weigerung, den Posten des Bundestrainers zu übernehmen.

Aber es gibt natürlich nicht nur ein Parallel-Universum. Irgendwo wird gerade auch die WM according to Lothar Matthäus gespielt. Der hatte am 7. Dezember letzten Jahres in der Bild am Sonntag den Ausgang sämtlicher Spiele getippt. Kurz zuvor waren die WM-Gruppen ausgelost worden, auch für Matthäus „eine Sache voller knisternder Spannung“. Matthäus, soviel schien damals klar, würde auf keinen Fall im Aufgebot stehen, deswegen konnte die WM auch nur schiefgehen. Und Deutschland auf keinen Fall Weltmeister werden. Das Eröffnungsspiel war für Matthäus eine klare Sache. Der spätere Gruppenerste Brasilien fertigte Schottland mit 2:0 ab, die Norweger hatten bei ihrem 2:1-Sieg über Marokko ebenfalls keine großen Probleme. In der Gruppe B würden Italien und Österreich mit sieben bzw. fünf Punkten ins Achtelfinale kommen, Italien gewann das erste Spiel mit einem klaren 1:0 gegen Chile, während sich Österreich über ein 1:2 über Kamerun freuen konnte. Aus der Gruppe C werden Frankreich und Dänemark ins Achtelfinale einziehen, in der Gruppe D heißen die Sieger Spanien und Nigeria. Obwohl Holland in der Gruppe E Belgien mit 2:0 besiegte, werden diese beiden Länder weiterkommen, ebenso wie England und Rumänien (Gruppe G) und Argentienien und Kroatien (Gruppe H).

Deutschland wird in der Vorrunde zwar alle Spiele gewinnen (2:1 gegen die USA, 2:0 gegen den Gruppenzweiten Jugoslawien und 4:1 gegen den Iran), aber im Viertelfinale 5:4 gegen England (Elfmeterschießen) verlieren. Das Spiel um den dritten Platz gegen die Niederlande wird die BRD mit 2:3 gewinnen. Weltmeister wird Brasilien, das Frankreich mit 1:0 schlägt. Natürlich durch Golden Goal, denn auch im Parallel-Universum wird nach blöden Regeln gespielt. Elke Wittich

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