Visionen zwischen den Zeichen

■ Die Partnerstädte Osaka und Hamburg planen ihren künstlerischen Austausch zum 10jährigen Jubiläum

Die Schönheit einer Kultur und einer Stadt zeigt sich selten allein am Herausgestellten. Der offizielle Blick ist auf das erneut zu bestätigende Vorurteil gerichtet, faßt aber nicht die ausgelöste Neugier und Faszination. Die Begegnungen mit den Bewohnern der Kansai-Region an der Ostküste von Japan gehört zu jenen, die sich besonders positiv ins Gedächtnis einschreiben: Höflichkeit und Freundlichkeit sind nicht nur traditionell zu beachtende Werte, sondern gelebtes Dasein, das sich in konstruktivem Design spiegelt. Faszinierende Architektur, feinstes Kunsthandwerk, meditatives Design und eine visuelle Sprache der Angemessenheit in der Freien Kunst leben hier ein Miteinander. Die Haltung hinter dem Werk ist im Sinne der prägenden zen-buddhistischen Traditionen von höherem Gewicht, als der Fetisch des Einzelwerkes.

Osaka-City, die globale Metropolis, ist mit 8,7 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Japans und zugleich bedeutender Handelsplatz, Produktionsort und Welthafenstadt. Im Umkreis von 50 km um das Zentrum, in „Greater Osaka“, leben 17 Millionen Menschen, und die Wirtschaftskraft der Region Kansai übertrifft die von vielen Ländern. Vom 25. bis 30. Mai 1999 soll nun die am 11. Mai 1989 zwischen beiden Städten auch dokumentenfest geschriebene Freundschaft durch Hamburg-Tage in Osaka gebührend gefeiert werden. Zur Sondierung des State of the Arts sind vergangenen Monat einige Hamburger in die Partnerstadt gereist, um Künstler, Kuratoren und Ausstellungsräume kennenzulernen.

Neben der Ausstellung künstlerischer Fotografien mit dem Titel citytosee, die Hamburg aus der Sicht von vier Hamburger Fotografen in der Minolta Photo Space Gallery zeigt, wird im Kirin Plaza Art Space eine umfangreiche Schau mit acht jüngeren Hamburger KünstlerInnen zu sehen sein: Michael Dörners Skulpturen, Frank Fietzeks Medienkunst, Pia Greschners Videos, Jochen Lemperts Fotoarbeiten, Mariella Moslers Objekte, Nana Petzets Objekte und Videos, Dieta Viegs Malerei und Jonathan Meeses Installationen bilden einen gelungenen Querschnitt der künstlerischen Kompetenz in Hamburg.

Pia Greschner hat bereits vor Ort am berühmten, auf einer künstlichen Insel liegenden Kansai-Airport des italienischen Star-Architekten Renzo Piano mit einer inszenierten Video-Produktion begonnen. Bauhouse wird musikalisch und visuell gleichermaßen intelligent eine Brücke zu den Inseln bauen: Räume öffnen für gemeinsame Visionen zwischen den Zeichen. Neben Lesungen, musikalischen Aufführungen und Filmtagen wird es möglicherweise auch ein Künstler-Symposium geben, auf dem Unterschiede und Gemeinsamkeiten der künstlerischen Produktion thematisiert werden. Kuratoren und Kunstwissenschaftler aus beiden Städten haben bereits einen intensiven Diskurs begonnen.

Auch die für den Herbst 1999 geplanten Osaka-Tage in Hamburg können mit Spannung erwartet werden. Noch diesen Monat wird der mit meditativen Natur-Spaziergängen arbeitende Künstler Eiji Okubo zwei Wochen auf Einladung der Kulturbehörde sein Projekt hier vorbereiten. Begleitet vom Direktor der großzügigen DDD Gallery, Koichi Yano, und dem Programm-Direktor des Goethe-Institutes Kansai, Shigehiko Honda, können die Planungen intensiviert werden. An der künstlerischen Mentalität und philosophischen Haltung der Gäste wird nicht nur die Neugier auf eine höchst ästhetische und ethische Kultur aufblühen, sondern zugleich der freundschaftliche Austausch wachsen: „Erwach, erwach doch/ Und werde mein Gefährte/Verträumter Falter!“ heißt es in einem Haiku von Basho. Ein schönes Motto. Gunnar F. Gerlach