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In aller Feindschaft fürs Kindeswohl

■ „Beraten!“ heißt es für die Jugendämter mit dem neuen Kindschaftsrecht / Zwei Fallbeispiele aus der Realität

Das neue Kindschaftsrecht, das jetzt am 1. Juli in Kraft tritt, ist ein ganz wunderbares, ein großes ziviles Gesetzespaket: Die Entlassung des Staates aus den inneren Angelegenheiten der Familie. So sieht das Bodo M., Bremer Vater einer dreieinhalbjährigen Tochter, der er noch nie ins Angesicht schauen durfte. Einmal habe er sie gesehen, erzählt Bodo, von ferne, „das ist unheimlich, zu sehen, da läuft deine Tochter“. Aber natürlich sei er nicht hingelaufen und habe gesagt: „Hallo, ich bin Dein Vater. Das kann man dem Kind nicht antun!“

Das Vormundschaftsgericht, erzählt der 35jährige, habe ihm den Umgang mit dem Kind verboten: „Das könnte sich negativ auf das Verhalten der Mutter zum Kind auswirken, hieß es.“ Mit dem neuen Gesetz wird es so ein Urteil kaum noch geben. Grundsatz nämlich ist nun: Das Kind hat das Recht auf beide Eltern. Bodo M. wird jetzt also wieder vor Gericht ziehen: Denn nun muß seine Kindes-Mutter beweisen, daß er einen schlechten Einfluß auf das Kind ausübt.

Wahrscheinlich wird das Familiengericht die beiden verfeindeten Elternteile zur Beratung an das Jugendamt weiterleiten. Wo man sich dann unter Aufsicht weiterstreitet. Dies nämlich, berichtete am Montag der Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages, Siegfried Willutzki, sei von nun an die neue Aufgabe der Jugendämter: „Beratung, Beratung, Beratung“. Weg von der eingreifenden, hin zur ausgleichenden Jugendhilfe! Auf einer Fachtagung, die zur Zeit in Bremen läuft, werden die Mitarbeiter der Sozialen Dienste, aber auch Richter und Anwälte auf diese neue Situation vorbereitet. Und in Weiterbildungskursen zu Familientherapie und Gesprächsführung lernen sie, das große verfeindete Volk nichtverheirateter und geschiedener Eltern zivilen Umgang miteinander zu lehren. In aller Feindschaft. Oder, wie Bodo M. sagt: „Damit die Mütter endlich aufhören, ihre Kinder als Waffe zu benutzen“.

Ein wunderbares Gesetz. Findet Renate A. übrigens gar nicht. Sie hat sich dem Bremer Verband alleinerziehender Mütter und Väter angeschlossen und sagt: „Ich zittere dem 1. Juli entgegen.“ Wird dann der Vater ihrer knapp zweijährigen Tochter das Recht seines Kindes auf Kontakt zu ihm einklagen? „Er kommt aus der Türkei“, sagt Renate A., „da kommen jetzt die ganzen tiefliegenden Ängste vor Entführung und so wieder hoch.“ Hin und her seien die Auseinandersetzungen mit dem Vater ihres Kindes in den letzten zwei Jahren gegangen. Erst habe er das Kind gar nicht gewollt und„mit Telefonterror“ sie zur Abtreibung, dann zur Adoption zu zwingen versucht. Nach einem Jahr sei er dann aufgetaucht, doch festlegen habe er sich nie wollen: „Als er merkte, daß sein Kind ihn nicht automatisch liebt, wenn er es mit Süßigkeiten vollstopft, blieb er wieder weg.“ Vier Monate zuletzt. „Aber was weiß ich. Vielleicht flattert jetzt bald ein Brief vom Familiengericht durch den Briefschlitz.“ Denn immerhin: Beweisen, daß er Kontakt gesucht habe, könne er ja, sagt Renate A. ritz

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