Urlaubsreisen ziehen Karstadt ins Plus

■ Allein der Gewinnzuwachs der Reisebüros in den Kaufhäusern bewahrt Karstadt vor Verlusten. Jeder 20. Job wurde abgebaut

Berlin (taz) – Der Karstadt- Konzern konnte 1997 mehr Gewinn mit weniger Angestellten erzielen. So bilanzierte gestern Karstadt-Chef Walter Deuss das abgelaufenen Geschäftsjahr. Während der Gewinn auf 164 Millionen Mark stieg, sank allerdings der Umsatz um 1,1 Prozent auf 26,6 Milliarden Mark. Mehr als jede zwanzigste Stelle wurde abgebaut, von 100.000 Angestellten blieben 94.500 – überwiegend in Teilzeit.

Zum Karstadt-Konzern gehören neben den Karstadt-Warenhäusern unter anderen die Herti- Kaufhäuser, Runners-Point- Schuhläden, die Schürmann Elektrohandelsgesellschaft und die Plattenläden der World of Music (WOM). Alle diese Ketten machten im vergangenen Jahr Verlust – ein Trend, der sich in den ersten drei Monaten 1998 noch verschlimmerte. Als Konsequenz kündigte Deuss an, daß der Konzern sich in Zukunft auf die Geschäftsfelder Reisen und Versandhandel konzentrieren wolle. Zwar schrieb auch der karstadteigene Neckermann-Versand 1997 rote Zahlen, doch die Reisebüros in den Karstadt- und Herti-Filialen konnten dagegen mehr Reisen als bisher verkaufen – sie erzielten ein Plus von 813 Millionen Mark.

Beim Einzelhandel teilt Karstadt damit die unkomfortable Situation der gesamten Branche: Der Umsatz im Einzelhandel sinkt angesichts zunehmender Arbeitslosigkeit seit Jahren. In diesem Jahr wird sich zusätzlich die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 16 Prozent negativ bemerkbar machen. In Zukunft will Karstadt daher stärker wohlhabende Kunden mit teuren Markenartikeln ansprechen und für diese „Neupositionierung im Markt“ rund eine Milliarde Mark investieren. Das Geschäft mit den Billigangeboten wollen die Essener der Konkurrenz überlassen, selbst wenn sie dadurch Marktanteile verlieren – entscheidend ist der Gewinn.

Schon seit März war bekannt, daß die Schickedanz-Gruppe 48 Prozent der Karstadt-Aktien bis Ende 1998 übernehmen wird. Schickedanz gehört bereits der Großversand Quelle. In der Zusammenarbeit von Quelle und dem Neckermann-Versand sieht Karstadt-Vorstand Deuss weitere Chancen, die Kosten bei Einkauf und Warentransport zu senken und so den Gewinn zu erhöhen. Der Online-Handel von Karstadt kam zwar schnell auf 5.000 Besucher pro Tag, mit dem Umsatz aber ist Karstadt offenbar noch unzufrieden, er läge monatlich im „sechsstelligen Bereich“, heißt es dazu zurückhaltend. mfn