EU-Wasserrichtlinie ohne Grenzwerte beschlossen

■ Umweltminister fordern ökologische Gesamtbewertung vor konkreten Maßnahmen

Berlin (taz) – Vorbei am europäischen Parlament haben sich die Umweltminister der EU auf eine euröpäische Rahmenrichtlinie für den Gewässerschutz geeinigt – zumindest politisch. Während die deutsche Ministerin Angela Merkel (CDU) sich am Dienstag bei der Vorstellung der Rahmenregelung über einen „Meilenstein“ für den Umweltschutz freute, kritisierten die Abgeordneten von SPD und Grünen im Europaparlament nicht nur fehlende Grenzwerte. Sie beklagten auch ein mangelndes Demokratieverständnis der Minister, die das Europaparlament außen vor gelassen hätten. Die Richtlinie muß allerdings auch jetzt noch vom europäischen Parlament in Brüssel beschlossen werden.

Nach Angaben aus dem deutschen Umweltministerium sieht die Rahmenrichtlinie vor, daß in den kommenden Jahren alle Seen und Flüsse Europas einem intensiven Ökotest unterzogen werden. Dabei sollen chemische Verunreinigungen sowie der Bestand an Fischen oder Kleinlebewesen erfaßt werden. Anhand der Kartierung beschließt die EU dann Maßnahmen und Grenzwerte, mit denen die Gewässer auf einen „ökologisch hochwertigen“ Stand gebracht werden. Wie der konkret aussehen soll, müsse man von Fall zu Fall entscheiden: Für einen Fluß in Spanien werden andere Kriterien gelten als für einen Gebirgsbach in den Alpen. Die Richtlinie enthält darüber hinaus bisher nur generelle Anforderungen. Konkrete Grenzwerte für 30 gefährliche Schadstoffe sollen bis Ende des Jahres feststehen. Vorhandene Gesetze zum Wasserschutz bleiben weiter in Kraft.

In 16 Jahren sollen alle europäischen Gewässer eine „gute Wasserqualität“ erreichen. In Einzelfällen können die Staaten diese Fristen noch einmal um bis zu 18 Jahre überziehen.

Die Wasserwirtschaft befürchtet, daß in Folge dieser Regelung eine Reihe unterschiedlicher Grenzwerte in Europa entstehen. Denn nur bei strengen und einheitlichen Richtwerten kann sie darauf hoffen, daß sich der Markt für Abwasserreinigungstechnik in den südlichen EU-Staaten öffnet. Umweltverbände, Grüne und auch die SPD protestierten gegen den Entwurf, weil die zu erwartenden Grenzwerte sich nur am Stand vorhandener Reinigungsstechnik orientieren sollen – sie müssen nicht alle technisch möglichen Regelungen ausschöpfen. Auch sei die Auflage, kostendeckende Preise für das kühle Naß zu berechnen, verwässert worden. „Damit werden die Preise nicht die ökologische Wahrheit sagen“, kritisierte Hiltrud Breyer, Europaabgeordnete der Grünen in Brüssel. Aber nur dann bestünden Anreize, für die Industrie, Wasser zu sparen, und für die Bauern, in Südeuropa weniger Pestizide einzusetzen. mfn