: Iranische Fußballer: Nicht ohne unseren Protest
■ Staatsführung und Nationalmannschaft drohen vor dem USA-Duell mit der Abreise von der Weltmeisterschaft
Berlin/Yssingeaux (taz) – Der Iran droht mit der Abreise der Nationalmannschaft von der Fußball-WM in Frankreich. Anlaß ist die Ausstrahlung des Hollywoodfilms „Nicht ohne meine Tochter“ nach dem Roman von Betty Mahmoody am Montag abend im französischen Privatkanal M6. Der Film sei, wie die Iranische Botschaft in Paris befand, „antiiranisch“. Eine Entscheidung solle bis Sonntag fallen, hieß es aus Teheran. Dann steht in Lyon eigentlich der Showdown mit dem „großen Satan“ an, den USA.
Auch die iranischen Kicker hatten am Montag abend um 21 Uhr in ihrem abgeschotteten Quartier von Yssingeaux (bei St. Etienne) nicht etwa die zeitgleiche Übertragung des Spiels der Gruppengegner Deutschland und USA eingeschaltet, sondern den umstrittenen US-Schinken (auf französisch). Irans Sturmstar Khodadad Azizi, eigentlich ein ausgesucht freundlicher Mensch, war bei einer Filmszene, als ein Iraner seine Frau rücksichtslos zusammenschlug, sogar so empört, daß er zur Fernbedienung griff und diese gegen das TV-Gerät schleuderte: „Alles Lüge, Propaganda. Unverschämtheit!“
Im Namen seiner Mannschaftskameraden erklärte Azizi dann gestern: „Diese Ausstrahlung ist eine Beleidigung für ein Volk mit tausendjähriger Kultur und in diesem Moment bestimmt kein Zufall.“
Auch Azizis Manager Ebi Talebi ist hell empört: „Warum zeigen sie diesen Film gerade jetzt? Das ist doch kein Zufall. Sie wollen doch nur die Iraner ärgern, die derzeit in Frankreich sind. Alles Provokation. Das ist kein Fairplay!“ Und fragt: „Warum zeigen sie keinen Film über die Engländer in Indien, über die Franzosen in Afrika, über die USA und Kuba? Sollen Sie doch jetzt ,Schindlers Liste‘ zeigen!“
Sollten die Iraner abreisen, entginge Jürgen Klinsmann vor dem Spiel Deutschland – Iran am nächsten Donnerstag die besondere Ehrung der Iraner für seine Spendenbereitschaft während der WM 1990, als ein verheerendes Erdbeben im Iran Tausende Opfer forderte.
Ebi Talebi glaubt indes, daß eine Abreise nicht ernsthaft zu befürchten ist. „Nein, die Mannschaft will spielen. Auch gegen die USA am Sonntag.“ Der Weltfußballverband Fifa versuchte gestern zu beruhigen: Man sei „sicher, daß sich die Mannschaften vor und nach dem Spiel die Hände geben werden“. Aber was werden sie zwischendurch alles mit den Füßen anrichten? müll
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