Stille Tage mit Berti
: Die Klinsis werden mehr

■ Wozu soll DFB-Kapitän Jürgen Klinsmann nach Dortmund zur Borussia wechseln?

Früher war Jürgen Klinsmann Fan. Von den Stuttgarter Kickers. Das lag nahe. Klinsmann spielte in der Jugend und begann dort auch seine Profilaufbahn in der Zweiten Liga. „Damals“, sagt er, „hatte man noch eine ganz andere Verbindung zum Verein.“ Nach dem Abschied aus Stuttgart aber „war es logisch, daß ein ganz anderes Verhältnis zu den Klubs entsteht.“ Da hat er in großen Firmen in mehr oder weniger großen Städten seinen Job gemacht. Zunächst interessanterweise nur in solchen, die mit M beginnen. Später nur noch in solchen, die nicht mit M beginnen. So. Nun kann keiner bestreiten, daß Dortmund eindeutig nicht mit M beginnt. Was liegt da näher, als daß der klublose DFB-Kapitän zu Borussia wechselt, wie das gestern von Klinsmann umgehend dementiert wurde. Die Frage, um die sich diese kleine Kolumne nicht drücken darf, ist nicht: Wird er? Sondern: Sollte er?

„Mein Gott, für mich ist es vielleicht besser, im Ausland zu spielen“, hat er neulich gesagt. Und auch, daß er eigentlich schon im Anflug auf eine neue Phase sei. Eine, in der das – nennen wir es mal – brennende Verlangen, im Fußball Erfüllung zu finden, abgelöst wird von auf den ersten Blick etwas weniger spektakulären Dingen. „Jetzt geht es um meine Familie“, hat er gesagt. Genauer: Um die Vergrößerung des Kaders und das glückliche Gedeihen der Neuzugänge Klinsi IV bis... mal sehen. „Das“, hat Klinsmann unaufgeregt gesagt, „wird meine Lebensaufgabe sein.“

Außerdem: Käme er als Weltmeister aus Frankreich zurück, müßte er den hart erarbeiteten Ruhm im harten Bundesliga-Alltag verteidigen. Er mag sich aber nicht mehr die Fehlpässe vorzählen lassen. Und wenn das deutsche Schiff absaufen sollte, sagt er, „gibt es sowieso Feuer“. Da kann er gleich wegbleiben.

Man weiß ja nie genau, wie sich das Leben morgen anfühlt. Als Kolumne nicht, und auch nicht als DFB-Kapitän. Aber zweiterer macht ersterer eher den Eindruck, als wolle er tatsächlich „Abstand gewinnen“, nicht ihn verringern. Und wenn er sagt, man könne „im Fußball auch Dinge tun, die Spaß machen“, dann hört sich das nicht so an, als meine er noch eine nervenaufreibende Saison bei einem Klub, der vor einem zumindest mittelfristigen Neuaufbau steht.

Fan war Klinsmann nach seinen Stuttgarter Jahren übrigens nur von einem Klub: Real Madrid. Das ist zwar auch eine Firma, aber, sagt er: „Für mich war Real immer der Klub schlechthin.“ Warum? „Vielleicht, weil mir die weißen Trikots so gut gefallen haben.“ Ah, wäre das nicht etwas? Eine richtige Herzenssache, damit die zwischendurch eher rationale Geschichte ein romantisches Ende findet? Das Problem ist nur, es geht ja nicht: Madrid fängt mit M an.

Wer mal einen richtig wütenden Fußballer sehen wollte, der kam bei Alphonse Tchami an den Richtigen. Nur ganz leicht anzutippen brauchte man den Stürmer von Hertha BSC Berlin nach Kameruns 0:3 gegen Italien. Wieder war er nur für Kapitän Omam Biyik eingewechselt worden, diesmal für 24 Minuten. Das ließ Tchami zu dem Schluß kommen, Trainer Claude Le Roy müsse jetzt aufhören, „der Freund bestimmter Spieler zu sein“, und solle statt dessen „nachdenken“. Gegen Chile, sagt er, „müssen wir gewinnen.“ Dazu aber muß Le Roy einsehen, was Tchami längst weiß: „Ich muß spielen, nicht auf der Bank sitzen.“ Wird er das einsehen? „Ich“, sagte Tchami, „muß ihm das erklären.“ Dann schnaubte er davon. Der war wirklich sauer. pu