Das Idol darf nur Fan sein

■ Roger Milla möchte gern zurück nach Kamerun und Verantwortung im Fußball übernehmen

Beige Sommerhose, weißes Hemd, mit blauen und gelben Mustern versehene Krawatte zum beige-weiß karierten Sakko, gepflegter Schnauzbart und ein weltmännisches Lächeln im Gesicht – der Mann, der da vor dem „Stade de la Mosson“ in Montpellier aus einem Edel-Cabrio steigt, ist kein Dressman, kein Filmstar und auch kein Bankdirektor. Der Mann war nur Fußballer und ist trotzdem mehr: er heißt Roger Milla und wird in seiner Heimat Kamerun als Volksheld verehrt.

In Montpellier, wo er Michel Der Zakarian, dem Trainer des französischen Erstligisten SC Hérault Montpellier, zur Seite steht als Assistent und Talentspäher, lebt Monsieur Milla, doch ist die Stadt in Südfrankreich auch sein Zuhause? „Zu Hause“, sagt er, „das ist da, wo dein Herz ist.“

Ein Roger Milla im feinen Tuch ist gewöhnungsbedürftig. Immer noch, auch wenn seine große Zeit als Fußballer schon acht Jahre zurückliegt. „Italia '90“, das war sein Turnier. Als Kamerun das erste Team aus Afrika war, das bei einer Weltmeisterschaft ins Viertelfinale vorstieß, machte vor allem ein Bild die Reise um die Erdkugel: Roger Milla, der 38jährige mit den flinken Beinen, wie er seine vier Tore mit flottem Hüftschwung an der Eckfahne zelebrierte.

Heute ist das nur noch schöne Erinnerung, und wenn es Roger Milla auch gut geht, so ist abseits der Heimat doch wenig geblieben vom Ruhm. Milla, der für fünf französische Erstligaklubs gespielt hat, verdarb sich Engagements bei anderen Vereinen in Europa durch überzogene Salärforderungen. 1993 beendete er auf der Insel La Réunion seine Karriere, aber Ruhe fand er nicht.

„Milla wollte einfach nicht glauben, daß seine Zeit vorbei war, und das Volk in Kamerun wollte es auch nicht glauben“, sagt ein Journalist aus Yaoundé. Vor der WM 1994 in den USA setzte er mit Unterstützung von Staatspräsident Paul Biya und gegen den Widerstand des französischen Nationaltrainers von Kamerun, Henri Michel, seine Nominierung durch. Der Auftritt in den Staaten geriet zum Fiasko für Kamerun.

Den angestrebten Posten als Nationaltrainer seines Landes hat er nicht einmal bekommen, als Sportminister Joseph Owona in diesem Frühjahr nach Kameruns Debakel beim Afrika-Cup Coach Jean Manga Onguene entließ. Verpflichtet wurde der Franzose Claude Le Roy. Und was wird nach der WM, wenn Le Roy wieder geht? „Bei uns weiß man nie“, meint der Journalist aus Yaoundé, und Milla wird jederzeit bereit sein für eine Rückkehr.

Der gepflegte Mann im beige- weiß karierten Sakko geht. Lokaltermin im Stadion. Mit der Stimme ist er für den französischen Sender „Antenne 2“ als Co-Kommentator tätig, mit dem Herzen nichts als ein Fan von Kamerun. Ralf Mittmann