Angst vor Togos Häschern

■ Der Fotograf Mensah dokumentierte 1991 in Togo Angriffe des Militärs auf die Zivilbevölkerung / Bald droht seine Abschiebung, er bekam kein Asyl

George Mensah* ist heute ein nervöser, fahriger und unglücklicher Mann. Seit das Verwaltungsgericht seinen Asylantrag ablehnte, fürchtet er die Ausweisung nach Togo. Dabei hatte der freie Fotograf im Land des Diktators Eyadéma, den die Frankfurter Allgemeine den „dienstältesten Diktator Afrikas“ nennt, 1991 Kaltblütigkeit und Professionalität bewiesen. Als er Zeuge wurde, wie das Militär in seinem Viertel auf die Zivilbevölkerung losging, kletterte Mensah auf das Dach seines Hauses und drückte auf den Auslöser.

Seine Fotos (nebenstehend) wurden in oppositionellen Zeitungen wie dem Courrier du Golfe und dem FORUM hebdo veröffentlicht. Die Negative der Aufnahmen hinterlegte Mensah beim Asylbundesamt, wo er in Deutschland seinen Asylantrag stellte; im Asylprozess bezeugte auch der ehemalige Chefredakteur des Courrier du Golfe – mittlerweile in Hamburg als politischer Flüchtling anerkannt – die Fotografen-Identität von Mensah. Soweit gebe es keine Zweifel, sagt auch Richter Carsten Bauer von der Asylkammer des Bremer Verwaltungsgerichts. Was die Richter jedoch bezweifeln – und weswegen sie das Asylgesuch des Mannes sowie seiner Ehefrau und seiner Schwester ablehnten – das ist die Glaubhaftigkeit der Schilderungen eines Vorfalls, der die Flucht der Familie auslöste.

Er sei drei Jahre nach der Veröffentlichung der Fotos vom Militär entdeckt worden, berichtet Mensah. 1994 sei er einer Gruppe von Militärs in die Hände gefallen, nachdem er sie bei Angriffen auf Zivilisten überrascht hatte. „Sie haben meine Kamera zerschlagen, meine Filme zerknüllt, mich geschlagen – und meine Personalien aufgenommen“, schildert Mensah das Erlebnis. „Warum mir nichts schlimmeres passiert ist, weiß ich nicht. Aber ich habe immer gesagt, ich hätte gar nicht fotografiert.“ Auch seine Ehefrau bestätigt: „Er hatte Glück.“

Allerdings, so die Leidensgeschichte weiter, wußte das Militär danach die Adresse des Fotografen. „Und auch, daß die früheren Fotos von ihm sein mußten. Er hatte sie ja von unserem Haus aus aufgenommen. Auf einem Bild kann man sogar den Straßennamen lesen“, sagt seine Frau. Mehrmals seien Militärs in zivil gekommen, um ihren Mann abzuholen. Doch der hatte sich versteckt Nachdem die Suchtrupps ihn verfehlten, sollen sie der Schwester gedroht haben, sie statt seiner „mitzunehmen“. Da floh die Familie nach Benin.

Anwalt und Richter erinnern sich an den „Fall Mensah“, der im Juli ausreisen soll, nachdem sein Asylantrag abgelehnt wurde. „Wir konnten der Familie nicht glauben“, sagt der Richter. Schwester und Bruder hätten sich bei der Schilderung des sogenannten „fluchtauslösenden Moments“ krass widersprochen. Nach der Asylrechtsprechung aber muß diese Schilderung die unmittelbare politische Verfolgung belegen. Insbesondere wo den Flüchtlingen Beweise fehlen, dürfen Schilderungen der Asylsuchenden keinen Widerspruch ergeben. „... nicht aus sich heraus glaubhaft“, heißt es im Ablehnungsbescheid des Mannes, der seit seiner Ankunft in Deutschland bei der exilpolitischen Vereinigung „Assorétobre“ aktiv ist.

Mensahs Hamburger Anwalt ist deshalb über die bevorstehende Ausweisung seines Mandanten, der in Togo Mitglied einer Opposi-tionspartei war, sehr besorgt. „In Hamburg bekäme er unter bestimmten Bedingungen wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten bei einem zweiten Asylverfahren wohl eine Chance“, sagt er. Das Bremer Verwaltungsgericht dagegen sei für Härte bekannt. Auch wer sich in Bremen politisch exponiere, müsse mit Ablehnung rechnen.

Mensah versteht das bis heute nicht. Der Mittdreißiger hat Angst vor einer Rückkehr nach Togo. In oppositionellen Zeitungen, die es ebenso wie Parteien trotz aller Repressionen gibt, waren jüngst Drohungen von Generalstaatsanwalt Yaya zu lesen, nach denen Regimekritiker auch mit Hilfe von strafrechtlicher Verfolgung mundtot gemacht werden könnten.

In Mensahs Asylablehnung heißt es, eine Duldung könne nur erhalten, wem „bei Rückkehr in das Heimatland politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe. Das ist jedoch nicht der Fall.“ Auch die Tatsache, „daß das herrschende Regime in Togo nur in fragwürdiger Weise demokratisch legitimiert ist, oft willkürlich handelt und die Menschenrechte weitgehend nicht gewährleistet, begründet keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung jedes Asylantragstellers“. Dabei hatte Mensahs Anwalt Hoffnung auf eine Anerkennung seines Mandanten gehabt. Als der Fotograf einer früher für seinen Fall zuständigen Asylkammer seine Fotos vorlegte, hatten die Richter sogar versucht, das Asylbundesamt zum Einlenken zu bewegen. ede

*Name geändert