■ Schwierige Verhandlungen nach den Wahlen in Tschechien
: Der Dialog der Autisten

Bei den tschechischen Wahlen hat die Sozialdemokratie einen Pyrrhussieg errungen. Ihr Chef, Milos Zeman, fühlt sich als Anführer der stärksten Partei bestätigt, aber zur Umsetzung des Sieges in parlamentarische Entscheidungen fehlen ihm die Voraussetzungen. Einer seiner möglichen Koalitionspartner, die „Rentner für Lebenssicherheiten“, ist so schnell durchgefallen, wie er aufgekommen ist. Mit der Volkspartei reicht es zur Mehrheit nicht.

Erfolgreich strahlen kann auch der ehemalige Ministerpräsident Vaćlav Klaus. Auch er kann über die Rettung seines Rufes und den Aufstieg wie Phönix aus der Asche nur wenige Tage zufrieden sein. Er würde zwar mit politisch nahestehenden Gruppierungen – der Volkspartei von Josef Lux und der Freiheitsunion Jan Rumls – eine Mehrheit zusammenstellen können. Aber gerade am Streit der Führer und ihrer Parteien, die letztlich dieser Gruppierung entsprechen, war die letzte über einen längeren Zeitraum stabile Regierung zerbrochen. Die Unfähigkeit der Parteien, miteinander sachlich zu kommunizieren, prägte schon den Wahlkampf. Sie setzt sich jetzt bei der Vorbereitung der Koalitionsverhandlungen fort.

Mit populistischen Argumenten hat der Sozialdemokrat Milos Zeman gepunktet. Seine nationalistischen Töne haben geholfen, die faschistoiden Republikaner durchfallen zu lassen. Aber gleichzeitig hat er immer mehr Probleme mit der Einordnung in die internationale Bewegung der Sozialdemokraten. Und sie haben Probleme mit Milos Zeman und den außenpolitischen Vorstellungen seiner Berater.

Auch Vaćlav Klaus kann Äußerungen über die „nationalen Interessen“ so klingen lassen, daß der Stammtisch zufrieden ist. Sein plakativer Euro-Realismus – wie er es nennt – hört sich gut an, aber auch Klaus hat keine Strategie zur Verstärkung des Informationsaustausches zwischen seinem Land und dem Ausland. Die unverständliche, ja autistische Tschechische Republik unterliegt schon lange globalen Trends. Doch sie sucht keine aktive Position, fragt kaum nach Partnern. In dieser Stimmung ist es dann kaum verwunderlich, wenn eine Wahl mit kurzgedachten, populistischen Argumenten geführt wird.

Die Tschechische Republik ist für ihre Beobachter wie ihre Freunde gegenwärtig kaum verständlich. Und die internationale Öffentlichkeit wird wahrscheinlich nicht bis zum Ende der langwierigen Koalitionsverhandlungen ausharren, um dann schließlich das Land besser „zu verstehen“. Jaroslav Šonka

Seminarleiter bei der Europäischen Akademie in Berlin