Kein Schritt zuviel, kein Punkt zuwenig

■ Nach dem 1:0-Sieg über Tunesien darf Kolumbien aufs Achtelfinale hoffen, während den Afrikanern nur mehr theoretische Chancen bleiben

Berlin (taz) – Der Sieg war glücklich, und er war nicht verdient. Den Kolumbianern wird es egal sein, denn mit dem gestrigen 1:0 gegen Tunesien erhielten sie sich die Hoffnungen aufs Achtelfinale, während die Nordafrikaner nun nur mehr sehr theoretische Chancen aufs Weiterkommen besitzen.

Das Spielchen vor 35.000 Zuschauern in Montpellier entwickelte sich von Anfang an recht munter und war offensichtlich von dem Gedanken geprägt, daß beiden Mannschaften nach ihren Auftaktniederlagen nur ein Sieg weiterhelfen würde. So erspielten sich beide Teams zwar reichlich Chancen, die auch von etwas schlappen Abwehrreihen begünstigt wurden, demonstrierten aber, daß ihnen die Stürmer fehlen, die daraus auch mal ein Tor machen. Die Kolumbianer hatten mit Faustino Asprilla ausgerechnet das letzte Exemplar dieser Gattung nach Hause geschickt. Zweimal auf beiden Seiten landete der Ball immerhin an Pfosten oder Latte. Bis in der 83.Minute schließlich der eingewechselte Leider Preciado einen Paß von Carlos Valderrama verwertete.

Valderrama, der die Heimschickung Asprillas ausdrücklich begrüßt hatte, schien sich besonders wohl zu fühlen an alter Wirkungsstätte — jedenfalls in der ersten Halbzeit. Der Regisseur der Kolumbianer, der früher mal in Montpellier spielte und damals ausgerechnet von Henryk Kasperczak, dem aktuellen Coach der Tunesier, trainiert wurde, glänzte wie gewohnt mit intelligentem Standfußball: Kein Schritt zuviel, kein Paß zuwenig. So erspielten sich die Kolumbianer einige Chancen, vor allem über die rechte Abwehrseite der Tunesier, die diese aus nicht erfindlichen Gründen völlig verwaist ließen.

In der zweiten Halbzeit allerdings schränkte Valderrama seinen eh schon minimalen Aktionsradius weiter ein und fortan spielten fast nur mehr die Tunesier. Bei denen zog Zoubaier Baya die Fäden, während sich Mehdi Ben Slimane als Ministurmtank betätigte. Baya wurde Mitte der zweiten Halbzeit allerdings unverständlicherweise ausgewechselt.

„Wenn wir verlieren“, hatte Valderrama vor dem Spiel seinen Kollegen klargemacht, „ist alles vorbei“. So gesehen, ist alles beim Alten. Aber am Freitag in Lens müssen sich die Kolumbianer schon sehr steigern, um gegen England eine Chance zu haben. to