„Konfrontation bringt nichts“

■ Burundis Parlamentspräsident Leonce Ngendakumana erläutert den politischen Kompromiß, der den Waffenstillstand möglich gemacht hat

Leonce Ngendakumana ist eine Schlüsselfigur in Burundis Krise. Seit 1994 ist der burundische Hutu Parlamentspräsident und damit Leiter der ersten freigewählten Legislative in der Geschichte des Landes. Die neuen politischen Vereinbarungen in Burundi gehen im wesentlichen auf eine Verständigung zwischen ihm als Vertreter der inneren Opposition und dem Militärregime von Pierre Buyoya zurück.

taz: Ein wesentlicher Bestandteil der Friedensregelung für Burundi ist eine sogenannte Partnerschaft zwischen dem Parlament, das 1993 demokratisch gewählt wurde, und Präsident Pierre Buyoya, der sich 1996 an die Macht putschte. Können Sie das Konzept der „Partnerschaft“ erläutern?

Ngendakumana: Wir wollten eine Plattform zwischen allen Konfliktparteien schaffen. Es hat so viele gescheiterte Vermittlungsversuche gegeben, daß ein Weg gefunden werden mußte, den Verhandlungsprozeß erfolgreicher zu gestalten. Die Partnerschaft ist eine Fusion zwischen der Verfassung vom März 1992, die die freien Wahlen von 1993 ermöglichte, und dem „Gesetzesdekret“ von September 1996, das nach dem Putsch Buyoyas Regime legitimierte. Denn es ist paradox, in einem Land zwei fundamental verschiedene Regierungstexte zu haben, die Bestandteil der Positionen im Bürgerkrieg sind. Diesen Widerspruch wollten wir erst einmal regeln.

Kritiker werfen Ihnen vor, einen Putschisten legitimiert zu haben.

Wir haben Major Pierre Buyoya, der einen Putsch gemacht, sich zum Präsidenten erklärt und mit dem Gesetzesdekret regiert hat, als Präsidenten der Republik legitimiert. Denn wir haben uns gesagt, daß es nichts bringt, weiterhin den Weg der Konfrontation zu gehen. Wir haben aber nicht Buyoyas Gesetzesdekret legitimiert. 80 Prozent des neuen Textes stammen aus der Verfassung von 1992. Ich muß klarstellen, daß wir bisher mit der Regierung keine sensiblen Fragen verhandelt haben. Wir haben nur die existierenden Institutionen gestärkt. Die Partnerschaft ist kein Endpunkt; daher habe ich unterschrieben.

Am 20. Juli sollen in Arusha die Detailverhandlungen über Burundis zukünftige politische Struktur beginnen. Was ist, wenn diese Verhandlungen scheitern?

Ich glaube nicht, daß sie scheitern werden. In Arusha werden die kritischen Fragen verhandelt: die Frage der Armee, der Legislative und des Genozids. Alle Parteien werden außerdem miteinander über ein Gesellschaftsprojekt und eine richtige Übergangsregierung verhandeln. Es wird die neue Verfassung verhandelt, die den Übergangsmodus ersetzen und alles weitere regeln wird. Das heißt: Wenn die Verhandlungen beendet sind, werden die jetzt eingesetzten Institutionen nicht mehr da sein, außer sie werden durch die Verhandlungsparteien erneut bestätigt.

Was ist, wenn einige Parteien sich verweigern?

Was soll ein Boykott bringen? Daß man Buyoya nicht als Präsident haben will? Oder daß man das Parlament nicht mehr akzeptiert? Was wird es dann geben? Anarchie – die ist jedoch inakzeptabel. In einer so komplexen Krise wie in Burundi gibt es unterschiedliche Meinungen. Die Tutsi sehen die Armee als ihre Beschützer, die Hutu sehen sie jedoch als ihre Aggressoren. Man muß einen Kompromiß finden.

Welche Auswirkung hat der burundische Friedensprozeß, wenn er gelingt, auf die Region?

Die Stabilisierung Burundis wird zu einer Stabilisierung der Region beitragen. Uganda, Ruanda und Tansania arbeiten heute geschlossen zusammen, um eine Lösung für Burundi zu finden. Wenn heute die Staatschefs der Region uns helfen, unseren Konflikt zu beenden, setzt das logischerweise voraus, daß sie das gleiche für ihre Länder wollen. Die Konsequenz ist, daß diese Staatschefs in ihren Staaten den gleichen Prozeß einleiten, um zu verhindern, eine Geschichte wie in Burundi zu erleben. Interview: Oliver Meisenberg