■ Querspalte
: Elf Muttersöhnchen

Warum zieht keiner vor Gericht? Schließlich gibt es nichts mehr, was man ungestraft über unsere Jungs in den schwarz- weißen Leibchen und Höschen sagen darf, ohne sich der Majetätsbeleidigung schuldig zu machen. Der Mannschaftskapitän eine „Schwaben-Schwuchtel“? Gerichtlich verboten. Die deutsche Elf ein Team von „Warmduschern“? Kostet ein Vermögen! Und nun das: Acht Frauen, in zeitlos-dunklen Bestattungskostümchen, blicken wie Dominas in die Fernsehkamera, und die Nationalhymne spielt dazu. Was die Frauen mit den Topfdeckelfrisuren da tun? Sie gehen ihrem Beruf als Spielermütter nach. Und als solche müssen sie waschen, waschen, waschen, besonders jetzt, damit „unsere Jungs in Frankreich sauber spielen“.

Doch, das darf man ungestraft sagen, ob es nun stimmt oder nicht. Es ist sogar gewollt, daß Millionen es glauben: Lothar Matthäus, stolze 37 Jahre alt, Andreas Köpke, vor kurzem noch Andi, aber jetzt schon 36, Jürgen Klinsmann 32 – Männer kurz vor der ersten Midlife-crisis. Sie alle bekennen: Wir tun es. Wir bringen unsere Dreckwäsche zu Mami, unsere verschwitzen Leibchen mit dem Rotz des gegnerischen Manndeckers, unsere stinkigen, kurzen Hosen, die verklebten Kniestrümpfe.

So soll man sie sich vorstellen, unsere Helden der Nation, und keiner ist beleidigt: raus aus der Kabine, Trikot in den Beutel geknüllt und nichts wie heimgefahren zu Mami. Die guckt strafend, „mußte dich immer so einsauen, kannste nächst mal nich besser aufpassen“, aber dann nimmt sie doch dieses supertolle Waschpulver, kocht das Leibgericht, Milchreis mit Zimt und Zucker, und kontrolliert zum Abschied noch mal Söhnchens Fingernägel und Ohren. „Na, da mußte aber noch mal mit die Bürste ran, so kommste mir nich aus'm Haus! Wat sollen denn die Leute am Fernsehn denken!“ Ja, was nur, was sollen sie denken außer: „Elf Muttersöhnchen sollt ihr sein!“ Na dann, blüüh im Glaanze dieses Glüückes, blühe, deutsches Vaterland! Vera Gaserow