Jüdisches Museum wird selbständig

■ Senat und Direktor Blumenthal peilen für diese Legislaturperiode vollständige Autonomie des Jüdischen Museums an. Unklar bleibt weiterhin die Finanzierung des Museums. Blumenthal holt renommierten Ausstel

Das Jüdische Museum im Libeskind-Bau soll „noch innerhalb dieser Legislaturperiode“ die volle Autonomie erhalten und in eine „selbständige Stiftung“ umgewandelt werden. Darauf haben sich der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, Kultursenator Peter Radunski (beide CDU) und der Direktor des Jüdischen Museums, W. Michael Blumenthal, geeinigt. Die entsprechenden Gesetzesvorlagen sollen „unverzüglich im Parlament eingebracht und so schnell wie möglich realisiert werden“, hieß es gestern in einer gemeinsamen Erklärung.

Bisher war geplant, das Jüdische Museum als sogenannte unselbständige Stiftung zu führen, was dem Haus wohl eine gewisse, aber eben nicht uneingeschränkte Eigenständigkeit garantiert hätte. Mit der jetzt vereinbarten Übereinkunft, sagten Blumenthal und Radunski, seien „die Rahmenbedingungen geschaffen, um die Vorbereitungen für die Eröffnungsausstellung zu beginnen“. Der Senat werde weiterhin alles dafür tun, dieses Museumsvorhaben zum Erfolg zu führen, ergänzte Senatssprecher Michael Andreas Butz. Ob dies auch für die „eigentliche Museumsarbeit“ zutrifft, für die nun „die Weichen gestellt sind“, wie Butz meint, bleibt dagegen fraglich. Denn der für die Zukunft des Jüdischen Museums entscheidende Punkt – seine langfristige Finanzierung – ist jedoch nach wie vor ungeklärt. Auf der gestrigen Pressekonferenz gab sich W. Michael Blumenthal deshalb noch diplomatisch: „Das Geld zusammenzubekommen, wird nicht leicht.“ Dabei ist der 72jährige Unternehmer und Ex-US-Finanzminister, anders als sein glückloser Vorgänger Amnon Barzel, für eindeutige Schuldzuweisungen nicht zu haben. „Wir müssen Geduld haben“, sagte Blumenthal. Wenn die Dinge bislang nicht so gelaufen seien, wie man sich das wünsche, dann sei das „kein böser Wille“, schließlich wollten „alle das Beste für Berlin“.

Davon sind die Verhandlungspartner allerdings offenbar noch weit entfernt. Blumenthal fordert für das Jüdische Museum einen Etat in der Größenordnung von etwa 12 Millionen Mark pro Jahr, eine Summe, die der Senat unter Hinweis auf leere Kassen allein nicht aufbringen will. Um jedoch den Bund dazu zu bewegen, sich an dem Etat des Jüdischen Museums zu beteiligen, muß Berlin vorab seine Bereitschaft signalisieren, diesen substantiell aufzustocken. Blumenthal befindet sich also in einer klassischen Zwickmühle: Der eine Geldgeber will nur zahlen, wenn der andere zuvor das Seine beigetragen hat, und umgekehrt.

Andererseits läßt Blumenthals fast schon provokativ zur Schau getragener Optimismus auch verhalten positive Schlüsse zu. Sein deutliches Bemühen, niemanden vor den Kopf zu stoßen, darf man getrost als Zeichen interpretieren, daß Blumenthal sich ernsthaft Chancen ausrechnet, seine hochgesteckten Ziele doch noch zu erreichen.

Immerhin konnte Blumenthal gestern noch einen weiteren kleinen Erfolg vermelden. Am Wochenende hatte sich ein gutes Dutzend internationaler Fachleute zu einer Klausurtagung versammelt, darunter Emily Bilski, Kuratorin des Jüdischen Museums New York, Felicitas Heimann-Jelinek vom Jüdischen Museum Wien, Reinhard Rürup, Direktor der Berliner Topographie des Terrors, und der inzwischen 80jährige Ausstellungsmacher Jeshajahu Weinberg, der sowohl am Aufbau des Diaspora-Museums in Tel-Aviv als auch beim vor kurzem eingeweihten Holocaust-Museum in Washington mitarbeitete. Letzterer wird, so kündigte Blumenthal an, in Zukunft auch dem Jüdischen Museum in Berlin als Berater zur Seite stehen. Ulrich Clewing