What's hot, what's not
: Lesbischer Kugelschreiber

■ Warum Kate Winslet bockig und daher so sympathisch ist, Emma Thompson jedoch nicht: Geschmack in und um Hollywood herum

Mein lesbischer Kugelschreiber grämt sich. Es ist für ihn dieser Tage nicht so einfach hier in Hollywood. Tief hat er sich in die schwarzen Untiefen meiner Scandia-Leinentasche verkrochen, obwohl er doch gern etwas über Emma Thompson geschrieben hätte. Doch Emma Thompson möchte nicht, daß mein lesbischer Kugelschreiber über sie berichtet. Sie trägt bei Hochglanzinterviews zwar billige Socken zu Männerhemden (cool!), mag aber lesbische Kugelschreiber nicht (uncool!). Gerade wird Hollywood wieder von einem seiner periodischen Anfälle von Heimatwerten gebeutelt. Ellen DeGeneres darf im Fernsehen nicht nur keine Damen mehr, sondern überhaupt nicht mehr küssen, und es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis man auch schöne schwule Freunde wie Rupert Everett („Die Hochzeit meines besten Freundes“) als umgebend-kreisende Toleranzbeweise überhaupt nicht mehr schick findet.

Deswegen möchte Emma Thompson nicht, daß mein lesbischer Kugelschreiber über sie berichtet. Sie fürchtet um ihre großartige Karriere. Emma Thompson hat das Angebot abgelehnt, Margaret Radclyffe Hall zu spielen. Hall war in den 20er Jahren eine wichtige, aber lesbische Schriftstellerin, und Thompson wolle nun mal nicht als „Blaustrumpf“ gecastet werden. Blaustrumpf? Lesbe? Sind Blaustrümpfe Lesben, sind Soldaten Mörder? Mag Thompson denn nicht einmal das Wort „Lesbe“ im Mund kugeln, obwohl sie denselben sonst immer recht voll nimmt?

Emma, du hattest ja auch nichts dagegen, daß aus „Primary Colors“ alle bisexuell anzüglichen Szenen entfernt wurden. So ist das mit Emma, die gern cool und klug wäre, deren Courage sich aber darin erschöpft, den eigenen Eisprung für die Öffentlichkeit zu literarisieren (Tagebuch zu „Sinn & Sinnlichkeit“). Ich für meine Person bin leider nicht lesbisch, fühle mich aber meinem lesbischen Kugelschreiber entschieden verbunden, hat er mir doch immer treue Dienste geleistet und jedes lesbische glamour girl gefeiert. Nun grämt er sich in Gesellschaft meines bisexuellen Portemonnaies, einer asexuellen Puderdose und eines rosa blühenden Lippenstifts von sexuell noch vager Orientierung.

Derselbe ist eher praktisch veranlagt und schlägt gerade vor, daß sich mein Kugelschreiber der Winslet, Kate (22) zuwendet. Wunderbare Idee! Winslet („Sinn & Sinnlichkeit“, „Titanic“) übernimmt, obwohl ihr von Managern dringend abgeraten wurde, in einer Verfilmung von Martyn Shallcross' Biographie der bisexuellen Daphne du Maurier („Rebecca“, „Wenn die Gondeln Trauer tragen“) die Hauptrolle. Shallcross kannte Daphne du Maurier mehr als zwanzig Jahre persönlich; seine Biographie wurde bei Erscheinen von Du Mauriers Familie gebasht. Kate Winslets Portemonnaie hingegen freut sich: Erstens ist es auch bisexuell, und zweitens kann Kate inzwischen 2,5 Millionen Pfund – sie ist Britin! – pro Film verlangen. Anke Westphal